Hühner sind abenteuerlustig, geschickt – und liegen im Trend. Immer mehr Menschen träumen vom Ei aus dem eigenen Garten – es gibt verschiedene Wege, ihn sich zu erfüllen.

Von Mara Pitz

Hühner sind viel mehr als Eierproduzenten. Sie sind abenteuerlustig, geschickt – und sie boomen. Michael Lüft aus Seligenstadt (Kreis Offenbach) hat daraus ein Geschäft gemacht. Seit 2013 betreibt Lüft seine Firma „Rent a Huhn“. Er verleiht Hühner, immer fünf Stück, inklusive Stall und mobilem Zaun, und das bundesweit. Knapp 100 Euro kostet das pro Woche. Dafür bekommt man – im Schnitt – drei Eier pro Tag, die man aus dem angebauten Nistkasten lesen kann.

Wer sich von Lüft Hühner mieten will, muss mindestens 20 Quadratmeter Freilauf auf unbefestigtem Boden bieten. Weil Hühner Herdentiere sind, werden sie mindestens zu fünft vermietet. Etwa die Hälfte von Lüfts Kunden sind Institutionen: Kindergärten, Altenheime, Behinderteneinrichtungen. Die andere Hälfte der „Rent a Huhn“-Kunden sind Privatleute. Meistens Familien, die sich nach ein bisschen Landleben im eigenen Garten sehnen. Oder Großeltern, die den Enkeln in den Sommerferien eine Freude machen wollen. Manche davon überlegen, sich dauerhaft Hühner anzuschaffen und sehen die Miethühner als Testlauf.

Auf seine Geschäftsidee kam Lüft, der mit Hühnern großgeworden ist, mehr durch Zufall. Ein Junge aus der Nachbarschaft hatte sich gewünscht, mal für eine Woche Hühner auszuleihen. Das war 2012. Als der gelernte Schornsteinfeger ein Jahr später „Rent a Huhn“ mit gerade mal 25 Hennen gründete, war das nach eigener Aussage der erste Betrieb dieser Art in Deutschland. Mittlerweile gibt es zahlreiche Nachahmer in ganz Deutschland. Nicht nur ihr Angebot ähnelt dem von Lüft, auch die Namen klingen ähnlich: „Huhn to go“, „Chicken to go“ oder schlicht „Miete ein Huhn“.

Foto: Michael Lüft

Hühner in der Stadt – für Trendforscher ist das Teil der Entwicklung, sich bewusster mit der Herkunft unserer Nahrung zu beschäftigen. Die Menschen reagieren damit auf die hoch technisierte Lebensmittelproduktion und auf die vielen Skandale der Massentierhaltung. Und immer mehr Menschen beschäftigen sich damit, wie ihre Lebensmittel produziert werden und unter welchen Bedingungen Nutztiere leben. Das zeigt sich auch an der steigenden Zahl von Vegetariern: Der Anteil der Deutschen, die auf Fleisch verzichten, hat sich im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Heute lebt laut Meinungsforschungsinstitut Forsa jeder zehnte Deutsche vegetarisch.

Dass Hühner unterschätzt werden, ist mittlerweile übrigens wissenschaftlich belegt. Biologen der Macquarie University im australischen Sydney fanden heraus, dass Hühner in der Lage sind, vorausschauend zu handeln. Eine Henne im Labor entriegelte das Schloss ihres Käfigs. Mehrmals änderten die Wissenschaftler den Schließmechanismus, jedes Mal entkam sie. Ihr Antrieb: Sie wollte in die Nähe eines Bildschirms kommen, auf dem ein Film mit einem besonders prächtigen Hahn lief.

Experimente mit Plastikeiern zeigten, dass schon frisch geschlüpfte Küken zwischen großen und kleinen Mengen unterscheiden können. Außerdem sind Hühner im Stande, sich die Flugbahn eines Balls für drei Minuten zu merken. So lange schaffen das auch Primaten und Kleinkinder.

Außerdem entlarvten Forscher das taktische Geschick des Federviehs. Ein Alpha-Hahn etwa gackert, um die Hennen seiner Herde vor natürlichen Feinden wie Habichten zu warnen. Ist ein zweiter Hahn in der Nähe, geht er in Deckung, um anschließend besonders lautstark Alarm zu schlagen. Offenbar spekuliert der Alpha-Hahn darauf, dass der Greifvogel den Rivalen bemerkt und ihn ausschaltet.

Hähne vermietet Michael Lüft übrigens nicht – sie krähen einfach zu laut für deutsche Wohnsiedlungen. Lüfts rund 300 Miethennen haben von April bis Oktober Konjunktur, den Winter verbringen alle Tiere als Legehennen auf dem Hof. Sein Vermietservice ist so gefragt, dass er längst nicht mehr alle E-Mails beantworten kann. „Die Anfrage reißt nicht ab“, berichtet er. Anfangs bot er noch einen Lieferservice an und fuhr die Tiere durch ganz Deutschland, aber das schafft er schon lange nicht mehr. Mittlerweile holen die meisten Kunden die Tiere bei ihm in Seligenstadt ab. Im ersten Corona-Lockdown habe es viele Absagen von Schulen und Kindergärten gegeben. Die ausgefallenen Aufträge wurden dann aber schnell von Privatkunden aufgefangen. „Die Kindern waren ja zuhause, da waren die Hühner im Garten eine gute Beschäftigung.“ Das Interesse ist so groß, dass Lüft noch mal zehn weitere Hühnerhäuschen baute. Insgesamt 66 sind jetzt im Angebot. Wie viele seiner Privatkunden sich danach dauerhaft für Hühner im eigenen Garten entscheiden, kann Lüft schlecht einschätzen.

Wer dies tut, kann dabei gleich noch etwas Gutes tun und Legehennen zu einem zweiten Leben verhelfen. Hierfür setzt sich der „Rettet das Huhn e. V.“ ein. Der als gemeinnützig anerkannte Verein übernimmt seit 2015 Legehennen aus Massentierhaltung, die sonst geschlachtet würden, und vermittelt sie an Privatpersonen. Nach eigenen Angaben rettet der Verein so jedes Jahr bundesweit rund 12.000 Hennen vor dem Schlachthof.

Fakten zum Federvieh

15 Jahre beträgt die maximale Lebenserwartung eines Huhns.
1,5 Jahre alt werden die meisten Legehennen, wenn sie geschlachtet werden.
8 bis 30 Eier im Jahr legte die Wildform des heutigen Huhns.
108 Zwerghuhnrassen sind in Deutschland registriert.
111 Großhühnerrassen waren 2016 in Deutschland registriert.
6.000 Legehennen dürfen in konventioneller Haltung in einem Stall leben.
2 Meter hoch können Hühner fliegen.
9 Hennen kommen in Bodenhaltung auf einen Quadratmeter Stallfläche.
100 Tiere oder weniger zählen Herden, indenen sich Hühner wohl fühlen.
3000 Jahre vor Christus hielten Menschen in Indien bereits Hühner.
300 Eier im Jahr produziert eine Legehenne.
20 Milliarden Hühner gibt es auf der Welt – das bedeutet, dass auf jeden Menschen 2,5 Hühner kommen.

Buchtipp: Hühner Liebe

Foto: GU Verlag

Tipps zur Hühnerhaltung von Gehege über Fütterung bis hin zur Anleitung, wie man ein Huhn möglichst schnell und stressfrei für das Tier einfängt, bietet der Ratgeber „Hühnerliebe“ von Katharine von der Leyen. Das ansprechend gestaltete Buch erklärt anschaulich und mit vielen Bildern, worauf es bei der Hühnerhaltung ankommt. Auch erfahrene Hühnerhalter können hier noch etwas über das Federvieh lernen. Mit Rezepten rund ums Ei.

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