Gestatten: Cedric, angehender Schimmelspürhund
In vielen Häusern versteckt sich gesundheitsgefährdender Schimmel – Thorsten Lenz aus Langenselbold und seine Hunde sind ihm auf der Spur.
Von Mara Pitz
Vorsichtig schiebt Thorsten Lenz ein kleines Röhrchen hinter die Kommode im Esszimmer. Draußen im Flur kratzt schon Beagle Cedric an der Tür. Der junge Hund muss warten, bis sein Herrchen die Probe versteckt hat. Dann öffnet Lenz die Tür zum Flur und Cedric stürmt hinein. Es dauert nur Sekunden, da schabt er schon jaulend an der Holzkommode – genau da, wo das Röhrchen zwischen Wand und Möbelstück steckt.
Wir befinden uns im Haus der Familie Lenz in Langenselbold im Main-Kinzig-Kreis. Was wirkt wie ein Suchspiel, wird für den 15 Monate alten Beagle irgendwann Ernst werden. Denn Cedric ist kein normaler Haushund. Cedric ist angehender Schimmelspürhund. Und Thorsten Lenz ist kein normaler Hundebesitzer. Er hat sich auf die Ausbildung und Führung von Schimmelspürhunden spezialisiert.
Mit seiner Firma SPL UG ist er regelmäßig auf Baustellen und in Gebäuden in ganz Deutschland und im Ausland unterwegs, um unentdeckten Schimmelbefall aufzuspüren. Dort im Einsatz sind seine bereits ausgebildeten Schimmelspürhunde, die beiden Malinois-Rüden Ayk und Andrax. Das Prinzip ist einfach: Der Schimmelspürhund – die Tiere arbeiten einzeln – wird von Lenz durch das Gebäude oder über die Baustelle geführt. Erschnüffelt der Hund die Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen, wird er unruhig und kratzt an der entsprechenden Stelle oder versucht sie zu erreichen.
Die Reaktionen des Hundes werden dabei genau beobachtet und in normal, leicht und stark eingeteilt. In einem Grundrissplan wird eingezeichnet, wo das Tier stark reagiert hat. Nachher werden an diesen Stellen Proben genommen. Diese werden dann im Labor auf Schimmel untersucht. Die Trefferquote seiner Hunde liege bei 95 Prozent, erklärt Lenz. Das bedeutet: Schlägt der Hund 100 Mal an, werden bei 95 der später im Labor untersuchten Proben tatsächlich Spuren von Schimmelbefall nachgewiesen.
Die Spürnasen sind damit zuverlässiger als Raumluftuntersuchungen und zudem wesentlich gebäudeschonender als Materialuntersuchungen. Denn dafür müssten Löcher an verschiedenen Stellen gebohrt werden – nur um dann eventuell herauszufinden, dass dort gar kein Befall vorliegt. Schimmelspürhunde können dagegen in kurzer Zeit große Flächen mikrobiologisch untersuchen, ohne dass zuvor Räume großflächig geöffnet werden müssen. Bis zu 1000 Quadratmeter suchen Ayk und Andrax am Tag ab und sind damit wesentlich effizienter als jede andere Methode.
Seit fast 20 Jahren arbeitet Lenz mit dem Schimmelpilzsachverständigen Dr. Gerhard Führer und dessen Institut peridomus mit Sitz im unterfränkischen Himmelstadt zusammen, der mittlerweile keine Hausbegehung ohne Spürhund mehr macht. Aus den gemeinsamen Einsätzen sind bereits wissenschaftliche Studien entstanden, die Schimmelspürhunde sind als Methode vor Gericht anerkannt und seit Jahren in zahlreichen Projekten von Schulen über Wohnhäuser bis hin zu großen Bürokomplexen im Einsatz.
Wenn Lenz und seine Hunde auftauchen, geht es oft um viel Geld: Einmal hat sich auf einer Großbaustelle ein Schaden in Höhe von sieben Millionen Euro aufgetan. Oft geht es aber auch um die Gesundheit: Denn unerkannter Schimmelbefall in Wohnräumen kann eine Vielzahl von Beschwerden auslösen, von der Nebenhöhlenentzündung über chronischen Durchfall bis hin zu Krebserkrankungen. Einmal habe Lenz für einen Asthmatiker ein Haus getestet, von dem es hieß, hier sei noch nie ein Wasserschaden gewesen. Lenz’ Schimmelspürhund schlug dennoch an. Nach mehrmaligem Nachfragen stellte sich heraus: Genau an der Stelle gab es tatsächlich mal einen Wasserschaden, in der Dusche – vor 20 Jahren.
Thorsten Lenz war der erste in Deutschland, der Schimmelpilzspürhunde ausgebildet hat. „Die Methode wurde in den Achtzigern in Schweden entwickelt“, berichtet er. „Dort wurde in den 70er Jahren wegen der Wohnungsnot sehr schnell und viel gebaut, auch viele Holzhäuser. Kurze Zeit später hatte man dort enorme Schimmelprobleme.“ Bald wurden die schwedischen Hunde auch in Deutschland eingesetzt. „Da habe ich mir gedacht, ich kann auch selbst Hunde ausbilden“, sagt der gelernte Maschinenbauschlosser. Sein Knowhow hatte er aus seinem Hobby, dem Hundesport und aus dem ehrenamtlichen Training von Personenspürhunden.
Seinen ersten Schimmelspürhund namens Ben bildete Lenz vor rund 25 Jahren aus. Beim Training ließ er sich von den Methoden der Schweden inspirieren und kombinierte sie mit seinen eigenen Ansätzen. So müssen die verschiedenen Schimmelpilzarten im Labor gezüchtet werden, für das Training hat Lenz Häuser angemietet. Die Hunde werden dann darauf trainiert, die gasförmigen Stoffwechselprodukte der Schimmelpilze zu erkennen, die ein Anzeichen für einen unsichtbaren mikrobiellen Befall sind. Noch heute bewahrt Lenz eine Vielzahl von Schimmelpilzproben in seinem Haus auf, mit denen die Hunde regelmäßig trainiert werden – mehrfach verpackt und in einer Plastikkiste auf dem Dachboden.
Spürhund-Azubi Cedric befindet sich in der ersten Phase der Ausbildung. Das bedeutet, er absolviert drei Mal am Tag rund 20 Minuten lange Trainingseinheiten. Dabei lernt er, die Ausscheidungen verschiedener Schimmelpilzarten zu erschnüffeln und sie anzuzeigen, wie in der eingangs beschriebenen Szene. In der nächsten Trainingsstufe geht es darum, in unbewohnten Häusern vorher platzierte Schimmelproben aufzuspüren.
Im Zusammenleben läuft einiges anders als bei einem normalen Hund. Tabus wie „Du darfst nicht auf die Couch oder an den Schrank“ gibt es für Cedric nicht. „Sonst hätte er später bei den Einsätzen in Wohnungen auch eine Hemmung, da ran zu gehen, und die darf er nicht haben“, erläutert Lenz. Schließlich kann sich überall Schimmel befinden.
Das Wichtigste bei der Ausbildung eines Schimmelspürhundes ist es aber, vorab den richtigen Hund dafür auszuwählen. Dabei sei die Nase gar nicht das entscheidende Kriterium. „Was die Nase angeht, könnten das wahrscheinlich die meisten Hunde“, meint Trainer Lenz. Nur bei den extrem kurznasigen Rassen wie Mops oder Bulldogge sei er sich nicht so sicher. Stattdessen sind entscheidend: Neugier, Selbstbewusstsein und Robustheit. „Ein Schimmelspürhund muss absolut angstfrei sein, willensstark und darf vor nichts zurückschrecken.“ Schließlich muss er unter extremen Bedingungen arbeiten. Wenn auf einer Baustelle zum Beispiel noch keine Treppen vorhanden sind, wird der Hund an einem Seil befestigt und auf die nächste Etage gezogen. Dabei darf er sich auf keinen Fall durch Angst von seiner Aufgabe ablenken lassen.
Auf der Suche nach all diesen Eigenschaften suchte Lenz lange nach einem geeigneten Welpen, der sein nächster Spürhund werden soll. Cedric überzeugte ihn direkt mit seiner frechen, unerschrockenen Art. „Er war der Extremste in seinem Wurf.“ Deswegen wählte Thorsten Lenz ihn aus. Da war der Beagle fünf Monate alt.
Cedric wäre Lenz’ siebter Schimmelspürhund. Einige weitere Hunde begannen die Ausbildung bei ihm, hatten jedoch nicht das Zeug dazu. Sie seien im Bekanntenkreis in gute Hände vermittelt worden, wo sie ein Leben als Haushund führten. Natürlich nicht ohne Tränen in der Familie. Lenz schaut hinüber ins Wohnzimmer, wo der Spürhunde-Nachwuchs nach seiner Übungseinheit friedlich auf dem Teppich schlummert. Bei Cedric ist Lenz ganz sicher: Er wird es schaffen.
Lebenshof Odenwald – ein sicherer Platz zum Tier-Sein
Der Lebenshof für gerettete Tiere wurde 2020 als gemeinnütziger Verein gegründet und liegt in Mörlenbach. Er beherbergt heute zahlreiche Tiere, die hier bis an ihr natürliches Lebensende bleiben können. TIERISCH GUT war einen Tag lang vor Ort, um den Hof und seine Bewohner kennenzulernen.
Wochenende heißt auf dem Lebenshof: Projektzeit. Schon morgens geht es los. Etwa zehn Helfer sind gekommen, um kräftig anzupacken. Für sie gibt es hier auf dem Hof immer etwas zu tun: Dieses Wochenende stehen die Zäune an. Bald ist der Frühling in vollem Gange und somit auch die Weidesaison. Für die rund vier Hektar große Kuhweide müssen Pfosten und Zäune platziert und Weidetore gebaut werden. Die zwei Ziegen des Lebenshofes, Idefix und Emil, bekommen außerdem einen neuen Unterstand. Bevor es an die Arbeit geht, werden aber die neusten Lebenshof-Mitglieder angeschaut: Die circa sechs Wochen alten Kälbchen Wilma und Rosi. Erst wenige Tage sind sie hier auf dem Hof und schauen die Menschen mit ihren großen dunklen Augen schüchtern aus ihrem Stall an. Sie kommen aus einem landwirtschaftlichen Betrieb, der selbst zu einem Lebenshof wird. Leider war nicht für alle Tiere Platz, also nahm der Lebenshof Odenwald die zwei Kälbchen auf.
Der Lebenshof – von Ursprung und Reise
Die Geschichte des Lebenshofes begann mit der Geschichte von Joar Berge. Er wuchs im Odenwald auf, hatte in Kindertagen bereits Kontakt mit Rindern und lernte diese Tiere lieben. Nach einer Zeit abseits von Natur und Tieren, in den niemals schlafenden Großstädten der Welt, lassen ihn diese Erfahrungen mit Kühen wieder in seine Heimat zurückkehren. Es entsteht die Idee, zwei Rindern einen Platz zum Leben zu schenken. Geworden sind es Dagi und Emma. Doch allein bleiben die zwei nicht. Joars Zusammensein mit seinen Kühen lässt ihn zu einem Entschluss kommen: Er möchte weiteren Tieren einen Platz auf Lebenszeit bieten, ohne dass dieser Platz an einen wirtschaftlichen Nutzen gebunden ist. Joar gründet mit einigen Freunden den gemeinnützigen Verein Lebenshof Odenwald e.V. und ist seither auch erster Vorsitzender. Dagi und Emma sind der „Grundstein“ der bunten Tierfamilie, die seit der Gründung stetig gewachsen ist. Ende letzten Jahres war zu wenig Platz für alle tierischen Hofbewohner, also zog der Lebenshof auf den Scholzehof nach Mörlenbach-Bonsweiler um, wo TIERISCH GUT ihn besucht: „Es gibt deutlich mehr Platz und Möglichkeiten für uns, uns zu entfalten. In der Zwischenzeit konnten wir einige Tiere mehr aufnehmen. Dabei werden wir von der tollen Familie sehr unterstützt, denen der Hof gehört. Es sind viele weitere Menschen dazu gekommen, die sich tagtäglich und ehrenamtlich um das Projekt kümmern. Ich selbst darf auf dem Hof wohnen – ganz nah bei den Tieren“, erzählt uns Joar.
» Während ich weiter dasitze, erfüllt mich tiefe Dankbarkeit. Für die Liebe, mit der mich die Tiere in ihrer Mitte aufnehmen. Für den Frieden und die Geborgenheit, mit der sie mein ganzes Leben bereichern. « Joar Berge
Der Lebenshof und seine Menschen
Viele Tiere brauchen viel Pflege. Diese Pflege übernehmen neben Joar um die zehn Ehrenamtliche. Unter der Woche teilen sie sich auf. Es muss täglich gefüttert und gemistet werden. Auch Organisation nimmt viel Zeit in Anspruch, beispielsweise wird über „Foodsharing“ Grünfutter für die Hasen und Hühner eingesammelt. Am Wochenende ist Zeit für alles, was im Alltag liegenbleibt. Dann kommen zum festen Kreis an Ehrenamtlern noch weitere motivierte Freunde des Lebenshofes vorbei, um bei allem zu helfen, was anfällt. Das Zusammensein mit den Tieren gibt den Menschen viel zurück. Das Beobachten der Tiere tut Geist und Körper gut. Manon erzählt: „Nach einem langen Tag im Büro mit unseren zwei Ziegen spazieren gehen – das lässt meinen Kopf sofort frei werden und entspannt!“
Gleiche Schicksale, einzigartige Charaktere
Einfach Tier sein. Das dürfen alle Schützlinge des Lebenshofes. Hier leben Tiere, welche für ihre Besitzer keinen wirtschaftlichen Nutzen mehr erbringen konnten: Zu klein, zu alt, zu unrentabel. Vom Zwerghahn bis zum großen Ochsen, alle Tiere des Lebenshofes hätte ein ähnliches Schicksal erwartet. Verhindert und in eine schöne Geschichte verwandelt haben das die Menschen, die sich für den Lebenshof einsetzen. Sie sind es auch, die die Tiere seit ihrem ersten Tag auf dem Hof kennen und uns ihre Geschichte erzählen.
Kuh Lotti ist ein Zwilling. Die meisten weiblichen Zwillingskühe sind unfruchtbar – so auch sie. Als Milchkuh wäre sie unbrauchbar gewesen. Der Lebenshof rettete sie. „Sie war am Anfang ein Wackelkandidat, da sie sehr klein und schwach war. Heute ist sie kerngesund und einer unserer größten Kühe“, erzählt uns eine Ehrenamtliche des Hofes, während wir mitten in der Kuhherde stehen.
Die Minischweine Freddie und Fridolin wurden mit ihren Geschwistern als Ferkel im Wald ausgesetzt. Doch zunächst wollten die flinken Schweine scheinbar nicht gerettet werden und flüchteten vor Menschen. Eine wilde Verfolgungsjagd zog sich tagelang hin, bis alle Ferkel eingefangen werden konnten. Heute sind Freddie und Fridolin Teil der vierköpfigen Schweinefamilie und bringen mit ihrem Schweinsgalopp und Gequieke jeden zum Lachen. Fressen, Freunde und Matsch zum Suhlen, so fühlt man sich „sauwohl“!
Die Geschichte der Putenfamilie macht deutlich: Man kann nicht unendlich viele Tiere retten. Die Entscheidung, welche die Glücklichen sind, ist für die Leute des Lebenshofes oft nicht leicht. „Bei den Puten haben wir gesagt, wir nehmen einfach die drei, die zuerst aus dem Gehege laufen, sobald das Gatter offen ist“, erzählt eine Helferin über die drei Puten.
Alle Tiere des Kleintiergeheges bilden eine Art Wohngemeinschaft: Schweine, Hühner, Puten und Kaninchen. Sie beachten sich meistens nicht und leben nebeneinanderher, sagen die ehrenamtlichen Fütterer und Pfleger. Doch auch zwischen den verschiedenen Tierarten gibt es Freundschaften. Polly ist dafür das beste Beispiel. Die mittlerweile verstorbene Hühnerdame hatte eine besondere Bindung zu den Hasen. Eine Ehrenamtliche erinnert sich: „Polly war immer in der Nähe der Kaninchen. Nachts im Stall hat sie nicht auf der Hühnerstange geschlafen, sondern bei den Kaninchen im Stall. Aber auch die Kaninchen haben sie gemocht. Manchmal haben sie Polly gesucht und haben dafür ihren Schlafplatz aufgesucht.“
Der Helfertag hat nun Halbzeit. Jeder kommt zum Kuchenbuffet, um sich zu stärken. Auch die Neuankömmlinge Wilma und Rosi bekommen zum Mittagessen ihre Kälbchenmilch, die Joar akribisch zubereitet. Anfangs wollen die zwei noch nicht trinken, doch mit Ruhe und Geduld schafft Joar es und sie trinken die Ersatzmilch aus den Eimern. Danach geht es für alle direkt weiter mit den Projekten. Jetzt kommen auch viele Alltagsaufgaben dazu, wie etwa die Ställe säubern.
Unterstützung gesucht!
Der Lebenshof finanziert sich durch Spenden. Interessierte können ab 5 Euro monatlich die Patenschaft für ein Tier übernehmen oder sich durch eine allgemeine Hofpatenschaft beteiligen. Für Paten, Spender und Interessierte ist der Besuch des Lebenshofes kostenlos auf Anfrage möglich.
https://lebenshof-odenwald.de
Buchtipp
„Der Weg zu mir selbst führte mich zurück auf die Kuhweide.“
Mit dem Buch wünsche ich mir, viele Menschen dazu zu inspirieren, ihre Träume zu leben. Zudem möchte ich als Botschafter den sogenannten Nutztieren eine Stimme geben. Ich wünsche mir, dass dieses Buch das Herz vieler Menschen berührt, so wie das Leben mit den Tieren jeden Tag das meine berührt. Joar Berge
Ab ins neue Zuhause
So gelingt der Umzug mit Haustier
Kartons packen, Möbel auseinanderbauen, Lampen abmontieren, Helfer organisieren: ein Umzug bedeutet meist jede Menge Stress – auch für unsere Vierbeiner. TIERISCH GUT hat zusammengetragen, wie man den Wohnungswechsel für Hund, Katze und Co möglichst angenehm gestaltet – und wie die Eingewöhnung im neuen Heim gelingt.
Von Mara Pitz
Katzen
Katzen tun sich mit einem Umzug oft besonders schwer. „Sie sind reviertreue Tiere, die sich sehr stark an ihrer Umwelt orientieren“, erklärt Katzenpsychologin Carmen Schell aus Dieburg. Die eigene Wohnung bildet die Kernzone des Katzenreviers – „vergleichbar mit unserem Schlafzimmer“ – und bietet Sicherheit. Deswegen reagieren viele Samtpfoten auf einen räumlichen Wechsel verängstigt und gestresst. Ein Umzugsunternehmen, das anrückt, alles in Kisten packt und dann innerhalb eines Tages den gesamten Hausstand an einen neuen Ort bringt – das ist „aus Katzensicht der Super-Gau“, erklärt Schell, die mit ihrem Unternehmen „Cattalk“ Tierhalter im Rhein-Main-Gebiet und ganz Deutschland berät. „Wenn dann noch – was ja häufig gemacht wird – die alte Couch oder das alte Bett durch ein neues Modell ersetzt wird, fällt der Katze der Wechsel noch schwerer.“ Denn damit fehlen auch die vertrauten Gerüche in den neuen vier Wänden. Besonders reine Hauskatzen, die aus ihrem Alltag wenig Veränderung kennen, leiden laut Schell massiv unter so einer Hauruck-Aktion. Wie erleichtert man der Katze den Umzug? „Man kann zum Beispiel mit ihr zusammen Kisten packen“, rät die Expertin, „und das über einen längeren Zeitraum. So merkt sie, dass sich ihr Revier Schritt für Schritt verändert“. Ein großes Plus sei dabei die Neugier der Samtpfoten. „In der Regel interessieren sie sich für alles, was neu ist, und sind sofort dabei.“ Auch regelmäßige Wechsel in der Wohnung können die Katze sanft auf den Umzug vorbereiten: zum Beispiel ein Stuhl, der plötzlich in einem anderen Zimmer steht.
Und was ist mit der ausrangierten Couch? „Für die Katze wäre am besten, wenn sie mit umzieht, vielleicht in den Keller oder in ein Katzenzimmer“, erläutert Schell, die auch ein Buch zum Thema geschrieben hat („Umzug mit der Katze – Ratgeber für einen entspannten Wohnungswechsel“). Ist das nicht möglich, sollte man zumindest ein Kissen oder einen Bezug mit in die neue Bleibe nehmen – für den vertrauten Geruch. Auch für die neue Couch hat Schell einen Tipp: „Am besten man wirft die erste Zeit einen gebrauchten Bettbezug darüber.“
Für den Umzugstag rät Schell, vorab im neuen Heim ein Katzenzimmer mit allem zurechtzumachen, was die Samtpfote benötig. „Dann würde ich, noch bevor die Helfer kommen und der eigentliche Umzug losgeht, die Katzen dort hinbringen, das Zimmer abschließen und den Schlüssel abziehen, damit die Tiere auf keinen Fall entlaufen können, wenn ein Helfer das Zimmer betritt.“ Das Vorab-Umziehen soll verhindern, dass das Tier durch die fremden Menschen und Geräusche am Umzugstag so in Panik gerät, dass sie sich nicht mehr einfangen lässt. „Das haben Kunden von mir leider so erlebt“, berichtet Schell. Eine Woche habe es gedauert, bis sich die beiden Katzen schließlich in die Transportbox trauten und in die neue Wohnung gebracht wurden.
» Ein Hauruck-Umzug an einem Tag ist aus Katzensicht der Super-Gau. « Carmen Schell, Katzenexpertin
Am neuen Wohnort stellt sich die Frage: Wie lange soll man eine Freigängerkatze im Haus lassen? Eine feste Regel hierfür gibt es nicht. Der Deutsche Tierschutzbund etwa empfiehlt eine Dauer von drei bis vier Wochen. Carmen Schell rät, abzuwarten, bis die Katze sich eingewöhnt hat und ihre alten Routinen wieder aufgenommen hat – und dann die ersten Streifzüge mit ihr gemeinsam zu unternehmen. „Man kann eine Runde durch den Garten drehen oder einen Spaziergang zum nächsten Feld machen.“ Das fördere die Bindung und sorge dafür, dass die Samtpfote den Weg wieder nach Hause findet. Wie sich ein Revierwechsel auf die Gemütslage der Katze auswirkt, hängt auch von ihrer Beziehung zum Halter ab, heißt es auch beim Industrieverband Heimtierbedarf (IVH).
Den ersten Freigang alleine sollte man der Katze dann etwa eine halbe Stunde vor der üblichen Fütterungszeit gewähren, so Carmen Schell. „Ein leichtes Hungergefühl erinnert sie daran, wieder nach Hause zu kommen“, fügt sie augenzwinkernd hinzu.
Nicht verunsichern lassen sollte man sich von Kämpfen mit anderen Katzen in der Nachbarschaft. „Die sind anfangs normal und geben sich in aller Regel innerhalb von Wochen oder Monaten von alleine wieder“, erklärt die Katzenexpertin. Dann nämlich, wenn die Revierrechte neu geregelt sind.
Hunde
Hunde nehmen einen Wohnungswechsel meist gelassener als Katzen. „Im Prinzip ist das wie mit dem Hund in Urlaub fahren“, sagt Ellen Friedrich von der Weiterstädter Hundeschule „Der Rote Hund“. Denn wenn sich der Vierbeiner in einer Ferienwohnung wohlfühlt, tut er das auch im neuen Zuhause. Da Hunde an Menschen gebundene Tiere sind, gewöhnen sie sich schnell ein, wenn sie in der neuen Wohnung einen gemütlichen Schlafplatz mit bekannten Möbeln und Gegenständen vorfinden, meint auch der Tierschutzbund. Trotzdem sollten Hundebesitzer ein paar Dinge beachten, um sich und ihrem Tier den Übergang zu erleichtern.
„Ich würde mir vorab die Nachbarschaft ansehen und geeignete Gassi-Routen ausgucken“, rät Hundeexpertin Friedrich. Wichtig ist vor allem, dass es einen Löseplatz am Haus gibt, der schnell erreichbar ist. „Und damit sind natürlich nicht die Vorgärten der Nachbarn gemeint“, ergänzt sie. Auch der Tierschutzbund empfiehlt, vorab mit dem Hund die Umgebung zu erkunden. Solche Ausflüge helfen demnach vor allem unsicheren Hunden.
Gibt es einen gemeinsam genutzten Garten, sollte man laut Friedrich mit den Nachbarn klären, welche Regeln dort für den Hund gelten: Darf er alleine in den Garten? Darf er buddeln? Darf er sich lösen? Wenn ja, wo? Darf der Hund ins Blumenbeet? Oder in den Teich? Auch wenn man künftig einen eigenen Garten hat, sollte man diese Fragen vorab für sich beantworten, meint Friedrich. So gibt es von Anfang an klare Spielregeln.
Falls in der Nachbarschaft andere Hunde leben, sollte man vorab die Halter ansprechen und fragen, wie sich die Vierbeiner das erste Mal begegnen sollen. Der Tierschutzbund empfiehlt zudem, sich umzuhören, ob jemand im Haus Angst hat. Dann sollte man Rücksicht nehmen und beispielsweise den Hund im Treppenhaus an der Leine lassen.
Ellen Friedrich sieht in einem Umzug auch eine Chance für die Erziehung. „Will ich neue Regeln in der Wohnung aufstellen, ist das der beste Zeitpunkt dafür“, sagt sie. Notorischen „Hoftor-Pöblern“, die jeden Hund in der Nachbarschaft anbellen, könne man im neuen Umfeld leichter Einhalt gebieten als in der vertrauten Umgebung, wo das Verhalten schon festgefahren ist.
Und am Umzugstag selbst? „Da kann man den Hund nicht gebrauchen“, scherzt Friedrich. „Zumindest, wenn man selbst Kisten schleppen muss.“ Am besten verbringt der Vierbeiner den Tag bei einer vertrauten Person oder in einer Pension. Der Tierschutzbund empfiehlt zudem, alle für den Hund wichtigen Gegenstände in einen Extrakarton zu packen, um diesen dann am neuen Ort sofort griffbereit zu haben.
» Ein Umzug kann auch eine Chance für die Erziehung sein. « Ellen Friedrich, Hundetrainerin
Die häufigsten Probleme, weiß Friedrich aus 15 Jahren Erfahrung als Hundetrainerin, tauchen nach dem Umzug auf. Viele Hunde bellen in der ersten Zeit verstärkt. Grund sind die typischen Hausgeräusche, an die sie sich erst neu gewöhnen müssen: das Hoftor quietscht, das Treppenhaus knarzt, die Heizung springt lautstark an und die Klingel schellt anders. Gibt es mehrere Hunde im Haus, stimmen diese oftmals in das Bellen ein. „Das kann Nachbarn nerven“, gibt Friedrich zu bedenken. In den meisten Fällen gebe sich das innerhalb von Wochen von alleine wieder. Ist dies nicht der Fall oder die Geduld der Nachbarn überstrapaziert, sollte man sich professionelle Hilfe bei einem Hundetrainer holen. Das Gleiche gilt, wenn der Hund im neuen Heim nicht mehr problemlos alleine bleibt.
Kleintiere
Für Kleintiere wie Meerschweinchen, Kaninchen, Mäuse oder Vögel ist ein Umzug enormer Stress. Bohrgeräusche und anderer Lärm können die Tiere verschrecken. Zudem ist Zugluft durch offen stehende Fenster gerade für Vögel ein Gesundheitsrisiko. Der Tierschutzbund empfiehlt deshalb, Kleintiere und Vögel für die Zeit des Umzugs bei einem Sitter zu lassen. Auch viele Tierheime nehmen Kleintiere in Pension. Ist dies nicht möglich, sollten die Tiere so lange wie möglich in ihrem vertrauten Gehege oder Käfig bleiben. Der IVH empfiehlt, das Gehege mit ausreichend Futter und Wasser auszustatten und ihn eventuell abgedeckt an einen ruhigen Ort zu stellen. Stehen im neuen Zuhause Renovierungsarbeiten an, sollten diese nach Angaben des Tierschutzbundes noch vor dem Einzug der Kleintiere abgeschlossen sein. Denn so kommen sie nicht in Kontakt mit Farben und Lösungsmitteln, die ihren Geruchssinn stören und so die Eingewöhnung ins neue Zuhause erschweren.
Fische
Ein Umzug mit Fischen hat die Besonderheit, dass man nicht nur das Tier, sondern auch seinen Lebensraum umzieht. Aquarianer sollten sich vorab über die Wasserwerte am neuen Wohnort erkundigen, da viele Fische sehr empfindlich auf Wasserveränderungen reagieren. Darauf weist der Industrieverband Heimtierverband (IVH) hin. Man sollte deswegen mindestens 50 Prozent des alten Wassers in Kanister abfüllen und mit in die neue Wohnung nehmen. Für den Umzug wird das Aquarium komplett entleert und gereinigt. Für den Transport der Fische gibt es im Fachhandel spezielle Tüten und Styroporbehälter. Als Faustregel gilt: Das Aquarium sollte als letztes abgebaut und als erstes in der neuen Wohnung aufgebaut werden, um den Transport für die Tiere so kurz wie möglich zu halten. Einen Tag vor sowie einen Tag nach dem Umzug sollten die Fische zudem nicht gefüttert werden, um sie nicht zusätzlich zu belasten.
Rechtliches
Bevor man als Tierfreund einen Mietvertrag unterschreibt, sollte man klären, ob Tierhaltung überhaupt erlaubt ist. Eine generelle gesetzliche Regelung zur Tierhaltung in Mietwohnungen gibt es nach Angaben des Tierschutzbundes nicht. Es hängt demnach immer davon ab, was im Mietvertrag steht, beziehungsweise davon, welche Tierhaltung der Vermieter beim Einzug ausdrücklich genehmigt hat. In der Regel ist eine solche Vereinbarung nicht Teil des Mietvertrags selbst, sondern wird separat schriftlich festgehalten. Üblicherweise wird die Genehmigung zudem vom Vermieter für bestimmte Tiere oder für eine bestimmte Anzahl an Tieren erteilt. Wer weitere Tiere adoptieren möchte, benötigt also eine neue Genehmigung.
Die Haltung von Kleintieren wie Kaninchen, Meerschweinchen oder Hamstern darf laut Tierschutzbund vom Vermieter nicht verboten werden, solange nicht übermäßig viele davon gehalten werden.
Was viele nicht wissen: Auch die Haltung von Hunden und Katzen darf nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2013 vom Vermieter nicht grundsätzlich verboten werden. Eine Ausnahme hiervon bilden sogenannte Listenhunde wie der Pit Bull Terrier, der Staffordshire Bullterrier oder der Rottweiler, die zum Teil als gefährlich eingestuft werden. Der Tierschutzbund bietet auf der Seite www.tierheime-helfen.de/listenhunde Informationen über die Listenhund-Bestimmungen der einzelnen Bundesländer sowie Argumente für das Gespräch mit Vermietern.
Wer mit seinem Hund innerhalb derselben Kommune umzieht, muss die zuständige Behörde nur über die neue Adresse informieren. Wer in eine neue Gemeinde umzieht, muss den Hund dagegen zunächst am alten Wohnort abmelden und anschließend am neuen Wohnort anmelden.
Katzenbesitzer sollten sich informieren, ob es am neuen Wohnort eine Katzenschutzverordnung gibt, die die Kastration freilaufender Tiere vorschreibt. In Südhessen haben zum Beispiel Darmstadt, Dieburg und Roßdorf eine Katzenschutzverordnung.
Für Schlangen, Vogelspinnen und Skorpione sowie andere Tiere, die aufgrund ihrer Giftigkeit oder Größe eine Gefahr darstellen können, wird eine Erlaubnis des Vermieters benötigt.
Achtung, Gefahren!
Wenn nicht ohnehin schon geschehen, sollte man seinen Hund oder seine Katze vor dem Umzug unbedingt bei einem Haustierregister anmelden. Darauf weist der Tierschutzbund hin, der mit Findefix eines der beiden bundesweiten Register betreibt. Denn jeder Umzug erhöht das Risiko, dass das Haustier entläuft. Am Umzugstag kann das Tier in einem unbeobachteten Moment durch eine unachtsam offen gelassene Tür oder ein Fenster entwischen. In der ersten Zeit danach findet ein verlorengegangener Hund womöglich nicht mehr so leicht zurück nach Hause wie im vertrauten Umfeld. Und immer wieder wird von Katzen berichtet, die sich nach einem Umzug auf eigene Faust in Richtung alte Heimat machen – und dabei mitunter hunderte Kilometer durch Deutschland zurücklegen.
Die Haustierregister Findefix und Tasso helfen, Fundtiere wieder zu ihren Besitzern zu bringen. Dafür muss man seinen Hund oder seine Katze selbst dort registrieren. Die Anmeldung kann online unter www.findefix.com bzw. www.tasso.net vorgenommen werden, dauert nur wenige Minuten und ist kostenlos. Man benötigt dafür nur die Nummer des Transponderchips, der in aller Regel im Heimtierausweis notiert ist.
In einigen Kommunen, darunter Darmstadt und Dieburg, sind Katzenhalter durch die Katzenschutzverordnung ohnehin dazu verpflichtet, Freigänger registrieren zu lassen.
Leopardgeckos
Der Leopardgecko erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Neben Bartagame und Schlange ist er eines der beliebtesten Terrarientiere. TIERISCH GUT stellt dieses besondere Haustier vor und gibt einen Überblick über alles Wissenswerte – von Aussehen und Verhalten bis hin zu allem Wichtigen, was es vor einem Kauf zu beachten gibt.
Von Mia Schwind
Ursprung und Lebensweise des Leopardgeckos
Der Leopardgecko kommt aus den rauen Steppen in Afghanistan, Pakistan oder dem Iran. Sein Lebensraum ist steinig, voller Geröll, Gestrüpp und Ästen. Tagsüber versteckt der Gecko sich vor Fressfeinden und der Hitze der Sonne in feuchten Höhlen, die sich in Steinhaufen oder auch verlassenen Nagergängen gebildet haben. Sobald es dämmert, kommt er aus seinem Versteck hervor und geht auf die Jagd. Blitzschnell fängt er Grillen, Heuschrecken oder Würmer. Das alles tut er allein: Leopardgeckos sind Einzelgänger. Wenn Paarungszeit ist, suchen sie nach ihren Partnern und gehen nach der Paarung wieder ihres Weges. Nach circa 14 Tagen legt das Weibchen dann meistens zwei Eier. Außerdem häutet der Leopardgecko sich regelmäßig. Sobald die Temperaturen kühler werden und es weniger zu fressen gibt, hält der Leopardgecko Winterruhe, in der er nichts frisst und die meiste Zeit in seinen Verstecken verbringt. So fühlen sich Leopardgeckos am wohlsten!
Ein artgerechtes Zuhause für einen Leopardgecko zu gestalten und einzurichten kann großen Spaß machen. Es gibt aber einiges zu beachten: Ist man Neuling, empfehlen viele erfahrene Halter, sich einen Gecko oder maximal zwei Weibchen zuzulegen. Das Terrarium sollte je nach Tieranzahl ausreichend groß sein. Die wichtigste Einrichtung ist der Boden. Der sollte hart und bröckelig sein. Viele Leopardgecko- Profis empfehlen ein Gemisch aus Lehmpulver, Sand und etwas Wasser zu mischen und dann im Terrarium aushärten zu lassen. Auf hartem Boden können die Geckos gut laufen und verschlucken keinen Sand. Danach kommt die Einrichtung. Hier gilt: Leopardgeckos lieben Chaos! Je mehr sie sich verstecken und klettern können, desto sicherer fühlen sie sich. Außerdem sollte neben einer reichen Auswahl an Verstecken ein Schälchen Wasser und eine künstliche feuchte Höhle vorhanden sein. Die feuchte Höhle braucht der Gecko, um sich zu häuten. Leopardgeckos sind außerdem reine Insektenfresser. Die Insekten sollten bei der Fütterung mit einem Kalziumpulver für Reptilien bestäubt werden. Kalzium braucht ein Haustier-Leo für seine Knochen.
Für wen ist der Leopardgecko ein perfektes Haustier?
Leopardgeckos sind schön anzusehen. Abends vor dem Terrarium kann man sie wunderbar bei ihren Streifzügen beobachten und ihnen ab und zu mit einer Pinzette Futter anbieten. Dann kommen sie neugierig heran und schnappen sich ihr Abendessen. Interessant ist der Leopardgecko vor allem für Tierhaarallergiker. Die kleinen Reptilien sind aber trotzdem keine Tiere zum Streicheln. Wie viele andere Reptilienarten können Leopardgeckos ihren Schwanz abwerfen, wenn sie in Gefahr sind. Das Hochnehmen bedeutet für sie meistens großen Stress, deshalb sollte man sie nur aus dem Terrarium nehmen, wenn es nicht anders geht: zum Beispiel bei einer Verletzung.
Von schwarz-weiß bis Knallbonbon
Den Leopardgecko gibt es nicht nur im Leopardengewand. Aus der ursprünglichen Wildfarbe wurde eine bunte Palette an Farbformen gezüchtet. Leopardgeckos gibt es in spektakulären Farben und Zeichnungen – von schneeweiß über karottenrot bis hin zu pechschwarz. Da ist für jeden Geschmack etwas dabei!
Die Urfarbe der Geckos gab ihnen den Namen: Schwarze Punkte auf verschiedenen Gelb-Tönen. Diese Musterung kann man heute noch bei wildlebenden Leos sehen.Foto: Möllner Leopardgeckos
Ist der Leopardgecko ein „Anfänger-Gecko“?
Leopardgeckos haben eine begeisterte Fangemeinde. Viele Besitzer haben zwei oder mehrere Terrarien und lieben ihre bunten Schützlinge. Der Leopardgecko gilt oftmals als Tier, welches besonders gut für Terrarien Anfänger geeignet ist. Doch das ist keinesfalls so wie uns die Leopardgecko Züchterin Jaqueline erklärt: „Es gibt sehr viel zu beachten, wenn man den Gecko richtig halten will. Allein mit der Wahl der Lampe kann man sehr viel falsch machen. Ich selbst habe einmal ein Gecko Weibchen übernommen, was am ganzen Körper starke Verbrennungen hatte. Die Besitzer haben (ohne es zu wissen) eine viel zu starke UV-Lampe verwendet.“ Dennoch herrscht beim Thema Reptilien viel Unwissenheit: Viele Vereine, die Reptilien in Not aufnehmen, beklagen eine Flut an Tieren. Sie berichten von Tieren in sehr schlechten Zuständen, oft im Freien ausgesetzt. Meist werden sie von unseriösen Züchtern auf Internetportalen gekauft, weil sie schön aussehen und recht günstig sind. Andere lassen sich von Zoofachgeschäften völlig falsch beraten und kaufen vor Ort ein Tier inklusive nicht geeignetem Terrarium. So leiden die Tiere jahrelang still, ohne dass ihre Besitzer es merken.
Für Anfänger ist ein Züchter die beste Wahl. Auch Reptilienvereine haben großes Fachwissen, um Neulinge zu beraten. Vom Zoofachhandel oder Kleinanzeigen sollte man die Finger lassen!
Kontakte
Fachlich korrekte Beratung
1. Tierärztliche Praxis Dr. med. vet. Heuser in Seeheim-Jugenheim (im TIERISCH GUT-Gebiet die einzige reptilienkundige Tierärztin)
2. Reptilienfreunde e.V. (Standort Kleinostheim)
Auch Exoten wünschen sich eine neue Chance für ein Zuhause. Auf der Internetseite des Tierheims Darmstadt oder anderer Auffangstationen sind immer wieder Exoten zu finden, die ein artgerechtes und fachkundiges neues Zuhause suchen. Zu beachten ist, dass diese besonderen Tiere nur an erfahrene Tierhalter abgegeben werden.
Wissenswertes zur Haltung oder Kauf eines Leopardgeckos
Bin ich bereit für einen Leopardgecko?
1. Kann ich 20 Jahre oder mehr Verantwortung für meinen Gecko übernehmen?
2. Macht mir ein Haustier Spaß, das man nicht streicheln kann?
3. Kann ich nach dem Kauf weitere Kosten wie Strom, Tierarzt und Futter bezahlen?
4. Gibt es in meiner Nähe einen Reptilientierarzt?
5. Ich bin im Urlaub. Habe ich jemanden, der die Geckos versorgen kann?
Woran erkennt man einen gesunden Leopardgecko?
1. Der Schwanz speichert Nährstoffe und Fett. Er sollte breit und prall aussehen, etwas breiter als die Schwanzwurzel.
2. Solange der Gecko sich nicht häutet, hat er eine satte Farbe.
3. Der Gecko verhält sich artgerecht: Tagsüber versteckt er sich. Wenn es dämmert, klettert er im Terrarium umher und jagt selbstständig sein Futter.
Ein seriöser Züchter ...
... hat keine Massen an Verkaufstieren.
... gibt Tiere für mindestens 70 Euro und erst ab einem Gewicht von 15 Gramm ab.
... kann Tests gegen Parasiten vorweisen.
... rät aktiv zu einer Quarantäne nach dem Gecko- Kauf.
... ist bereit, den Käufer die Tiere vor Ort anschauen zu lassen.
Eine besondere Geschichte aus dem Tierheim Darmstadt
Eine Tierheim-Mitarbeiterin kam aus Kiew nach Deutschland, als in ihrer Heimat der Krieg begann. Dies ist ihre Geschichte, erzählt von Kateryna selbst.
Das ist das zweite Mal, dass ich alles verliere und von Null anfange.
Das erste Mal floh ich 2014 aus dem okkupierten Luhansker Gebiet nach Kiew: ein Paar Taschen, drei Katzen und zwei Hunde. Nach acht Jahren floh ich aus der Ukraine nach Deutschland mit einem Koffer, drei Hunden und zwei Katzen in Richtung unbekanntes Land und mit völligem Unverständnis, wie ich weiterleben soll.
2014
Bis 2014 lebte ich in der Ostukraine in meiner 4-Zimmer-Eigentumswohnung, arbeitete als Journalistin beim lokalen TV-Sender und als Leiterin der PR-Abteilung einer privaten Tierklinik. Gemeinsam mit Gleichgesinnten gelang es mir, eine Gesellschaft zum Schutz der Tiere und ein privates Tierheim zu gründen. Gerade deswegen lernte ich deutsche Familien kennen, die mir später halfen, dem Krieg zu entkommen. Bleiben oder gehen – diese Gedanken kamen mir nicht. Dort, wo die Russen sind, wird es niemals ein normales Leben geben. Mein Tierheim konnte ich nicht im Stich lassen und begann sofort, die Tiere nach Kiew zu evakuieren. Von Kiew aus fuhren sie nach Deutschland. Einige fanden gleich liebevolle Familien, andere wurden von freiwilligen Helfern aufgenommen. Zwischen 2014 und 2022 gelang es mir, mehr als 300 Hunde und Katzen aus dem Luhansker Gebiet herauszubringen.
Kiew
In Kiew musste ich Arbeit suchen, aber am schwierigsten war es, eine Wohnung zu finden. Wir lebten einige Zeit in einem noch nicht fertig gebauten Gartenhaus. Dort gab es keine Dusche, die Toilette befand sich draußen und als Heizquelle diente ein Ofen. In den acht Jahren konnte ich mir ein gutes Leben aufbauen. 2019 eröffnete ich ein eigenes Reisebüro. Alles war gut. Doch dann kamen wieder die Russen.
24.02.2022
In den frühen Morgenstunden erwachte die Ukraine durch Explosionen. Ich gehörte zu denjenigen, die nicht glaubten, dass im 21. Jahrhundert, mitten in Europa, ein Krieg möglich wäre. Ukrainer warteten, dass die Russen sich zu Protesten sammeln, auf die Straße gehen, ihr Regime zum Teufel jagen, so wie wir es einst taten. Doch wir bekamen von den Russen nur Schadenfreude, Hass und Kommentare wie „man muss alle Ukrainer töten, auch ihre Kinder“. Bis zum Schluss weigerte ich mich, Kiew zu verlassen. Doch das Leben dort wurde immer schwieriger: ständiger Luftalarm, Explosionen, Warteschlangen vor den Geschäften. Ich verstand sehr gut, dass meine Überlebenschancen bei einem Raketeneinschlag gleich Null waren und mit drei Hunden und zwei Katzen und Notfallrucksack einen Luftschutzbunker zu erreichen, auch. Innerhalb einer Woche wurden mein Sportverein, in dem ich trainierte, das große Einkaufszentrum nebenan und der Park, in dem ich meine Hunde ausführte, vollkommen zerstört.
Tiere im Krieg
Das Schrecklichste war für mich, mit ansehen zu müssen, was mit den Tieren geschieht. Viele Menschen flohen in Panik und ließen ihre Haustiere zurück in verschlossenen Häusern und Wohnungen. Freiwillige organisierten sich schnell, fuhren zu den eingeschlossenen Tieren, bohrten Wände auf, machten Türen auf und gelangten zu den Tieren über die Balkone. Laut Gesetz ist das verboten. Tierretter konnten für angebliches Plündern verhaftet werden. Aber die Menschen nahmen diese Risiken auf sich. Die Polizei half manchmal oder sie schaute weg oder sie verbot solche Aktionen. Dann mussten wir über das Guckloch in der Tür das Wasser über einen dünnen Schlauch in die Wohnung auf den Boden tröpfeln lassen und Futter durchschieben. Leider hatten einige Wohnungen doppelte Türen. Wenn die Retter es nicht schafften vor der Sperrstunde zu Hause zu sein, musste für sie eine Übernachtungsmöglichkeit gefunden werden. Ich übernahm die Organisation und die Planung der Einsätze. Während dieser Zeit schlief ich nicht mehr als drei oder vier Stunden. Glücksmomente – wenn ich ein Video von einem geretteten Tier bekam (Hund, Katze, Papagei…). Und Momente des Schmerzes – wenn aus einer Wohnung nur noch Tierleichen geborgen werden konnten. Jeder Tag bringt nur schlechte Neuigkeiten. Ein zerschossenes Auto, in dem Freiwillige Futter in ein Tierheim und humanitäre Hilfe für alte Leute bringen wollten. Niemand hat überlebt. Im Auto waren vier Studenten, eigentlich noch Kinder.
In Borodyanka (Verwaltungsbezirk Kiews) blieben eingesperrte Tiere einen Monat lang ohne Wasser und Futter. Russische Einheiten waren ganz in der Nähe stationiert und nahmen jeden, der sich dem Tierheim näherte, unter Beschuss. Die Hunde starben einen langen schrecklichen Tod. Dabei lag im Raum nebenan Futter. Freiwilligen Helfern gelang es, eine Verbindung zu den Russen zu bekommen. Sie bettelten die Russen an, sie in das Tierheim vorzulassen, boten ihnen sehr viel Geld an. Die Russen halfen nicht und ließen die Freiwilligen nicht in das Tierheim. Nach einem Monat gelang es, Borodyanka zu befreien. Von 485 Hunden haben 263 überlebt. Einige von ihnen starben auf dem Weg in die Tierklinik. Meine Freunde in Deutschland waren mit mir in ständiger Verbindung und baten mich, zu ihnen zu kommen. Zuerst reagierte ich mit Spaß und sagte, dass ich nach unserem Sieg kommen werde, als Touristin. Später sah ich ein, dass es keinen anderen Ausweg gab, als zu flüchten. Ich hatte keine Arbeit, das Ersparte ging zur Neige. Einer meiner Hunde war im Dauerstress wegen der ständigen Explosionen, zitterte, bekam keine Luft, schlief kaum. Beruhigungsmittel gab es nicht mehr zu kaufen. Kliniken arbeiteten nicht mehr.
Am 8. März, dem internationalen Frauentag, fuhren Freunde und ich mit zwei Autos Richtung Lviv. Unterwegs sahen wir zerschossene Autos, an vielen von ihnen die Aufschrift „KINDER“, Blockposten, kilometerlange Schlangen an den Tankstellen. Draußen genauso kalt wie in der Seele. Die schlimmste und leidvollste Erinnerung für mich sind unsere Soldaten. Du fährst an einen sicheren Ort und sie müssen bleiben. Sie bleiben da, damit du die Möglichkeit hast zu gehen. An diesem Tag überreichten die ukrainischen Soldaten jeder Frau, die im Auto saß, Blumen. Ich hielt es nicht aus und begann zu weinen. Doch der Soldat lächelte, versuchte mich zu beruhigen und versprach mir: alles wird gut. Bei mir bestimmt. Und bei ihm? Bleibt er am Leben?
Von Kiew bis Lviv sind es nur 540 Kilometer, wir brauchten für diese Strecke zwei Tage. Ständig verglichen wir die Evakuierungskarten, suchten nach ungefährlichen Routen. Die Russen vernichteten viele Autos mit Menschen, die versuchten Kiew zu verlassen. In Lviv nahm ich einen Linienbus nach Berlin. Wir hatten Glück und brauchten bis Berlin nur 17 Stunden. Die Fahrt war für mich äußerst unkomfortabel, denn in meinem Fußraum standen die Körbe mit meinen fünf Haustieren, die ich selbstverständlich nicht im Krieg lassen wollte. In Berlin nahm mich eine wunderbare Familie in Empfang: Valeria und Herbert. Bei ihnen leben schon seit einigen Jahren eine Katze und ein Hund aus meinem Tierheim. Unglaublich tolle Menschen. Ich hatte sie noch nie getroffen, aber sie sind genauso, wie ich sie mir vorgestellt hatte: gutherzig, aufmerksam, hilfsbereit. Ich verbrachte zwei Tage in Berlin. Die Familie zeigte mir die Stadt und dann brachte mich Herbert nach Rodgau, wo ich bereits von Andrea und Mike (Besitzer einer gerade frei gewordenen Wohnung) erwartet wurde. Bei Andrea lebt seit 2012 eine Hündin aus meinem Tierheim. Außerdem erwarteten mich Kisten mit Hygieneartikeln, Lebensmittel und andere Dinge. Im ersten Monat meines Aufenthaltes in Deutschland las ich täglich Nachrichten, telefonierte mit Angehörigen und weinte. Du siehst, mit welcher Brutalität die Russen dein Land zerstören und kannst nichts tun.
Das Tierheim
Als ich noch in Kiew lebte, half ich einer Frau, die sich um 60 Katzen und mehr als 30 Hunde auf ihrem Hof kümmerte. Es war immer schwer für sie, doch mit Kriegsbeginn wurde alles noch viel schlimmer. Ich habe beschlossen zu versuchen, wenigstens die Hälfte der Tiere nach Deutschland zu bringen. In dieser Zeit lernte ich noch ein wundervolles Paar kennen: Andrea und Martin, die ich nun als einen Teil meiner Familie betrachte. Wahrscheinlich hatten nur meine Eltern mehr für mich getan als Andrea und Martin. Andrea begann Anfragen an verschiedene Tierheime zu schicken mit der Bitte, Katzen und Hunde aus der Ukraine aufzunehmen. Ein Tierheim hat positiv geantwortet: DAS TIERHEIM DARMSTADT. Wir fuhren dort hin und lernten Christian, den Tierheimleiter kennen, der uns sofort mehr als 100 Chips für die ukrainischen Tiere übergab und mir anbot, in seinem Tierheim zu arbeiten.
Am 2. April empfingen wir bereits 16 Hunde und 15 Katzen aus der Ukraine. Einen Hund – ein Mädchen mit drei Beinen - nahmen Andrea und Martin bei sich als ihren dritten Hund auf. Zurzeit leben im Tierheim Darmstadt noch zwei Hunde (Tschoba und Ryaba), Kater Oskar und Katze Sima aus der Ukraine. Im Tierheim arbeite ich im Katzenhaus. Im Prinzip mache ich das, was ich auch zu Hause tue: saubermachen, aufräumen, Geschirr abwaschen, Wasser und Futter geben, desinfizieren usw. Genau diese Arbeit habe ich gebraucht. Tiere sind die besten Therapeuten.
Das Leben in Deutschland
In Deutschland habe ich mich zu keiner Zeit als unerwünschten Gast gefühlt. Vielleicht hatte ich einfach Glück. Ich habe hier so viele gutherzige, taktvolle und freundliche, hilfsbereite Menschen getroffen! Physisch geht es mir sehr gut. Ich befinde mich in Sicherheit. Ich habe alles für ein komfortables Leben. Ich fühle mich nicht einsam. Doch seit dem Kriegsbeginn sind mein Herz und meine Gedanken in der Ukraine. Jeden Monat schicke ich etwas Geld zur Unterstützung unserer Armee, nehme an Protestaktionen gegen den Krieg in meinem Land teil und fühle trotzdem, dass es zu wenig ist. Besonders, wenn ich hier in Deutschland auf Russen treffe und verstehe, worüber sie sich unterhalten. Deutschland ist ein schönes Land und ich bin diesem Land sehr dankbar dafür, dass ich in meinem Bett schlafen kann und nicht im Bad auf dem Fußboden, dass ich im Wald spazieren gehen kann und nicht Explosionsgeräusche hören muss. Ich danke den Deutschen für ihre respektvolle Haltung, ihre Fürsorge und Verständnis. Die Ukraine bleibt aber immer meine Heimat. Ich hatte ein wunderbares Leben in Kiew und ich sehne mich danach. Es tut weh, dass es nie wieder so sein wird wie früher, denn jedes glückliche Ereignis wird davon überschattet, welchen Preis man für dieses Glück bezahlen musste.
Kateryna
Tierschutz Made im Odenwald
Ein Besuch bei Tino in Reichelsheim
Vereinsgründerin Ute Heberer spricht mit TIERISCH GUT auf der Spreng über Tino und warum sich aktuell die Hilferufe verzweifelter Hundehalter häufen.
Von Mara Pitz
Angenehm unkompliziert, mit Ute Heberer einen Termin auszumachen, bei dem sie etwas über Tiere in Not Odenwald (Tino) erzählt – den Tierschutzverein, den sie vor mehr als 30 Jahren gegründet hat, der heute mehr als 1000 Mitglieder zählt und zu den größten Tierschutzvereinen in Hessen gehört – eine Anfrage per Telefon, ein paar Whatsapp-Nachrichten hin und her, gut eine Woche später dann das Treffen im Tierheim auf der Spreng außerhalb von Reichelsheim.
Auf dem rund 4.400 Quadratmeter großen Tierheimgelände leben rund 60 Hunde, etwa 40 Katzen und insgesamt rund 50 Kaninchen, Meerschweinchen und andere Kleintiere. Der Schwerpunkt von Tino liegt auf Hunden – rund 450 werden jedes Jahr vermittelt. Das Besondere bei Tino ist die Haltung der Hunde in großen Gruppen statt einzeln oder in Kleingruppe. Viele von ihnen laufen tagsüber frei auf dem eingezäunten Tino-Hof herum. Einige von ihnen tragen Maulkorb.
„Mehr als die Hälfte unserer Hunde ist verhaltensoriginell“, sagt Ute Heberer beim Gespräch im Tino-Büro: Sie sind aggressiv gegenüber Menschen, Artgenossen oder aber ängstlich. In speziellen Übungsgruppen trainieren Ehrenamtliche mit den Vierbeinern: So lernen ängstliche Hunde in der „Bravehearts“-Gruppe, ihre Scheu vor Menschen abzulegen oder, dass Autofahren gar nichts Schlimmes ist. Beim „Tino Training 2.0“ lernen aggressive Kandidaten, wie man Artgenossen begegnet, ohne auszuflippen und dass der Mensch am anderen Ende der Leine der Chef ist.
Aktuell werden besonders viele Rüden unter drei Jahren abgegeben, die bei ihren Besitzern aus dem Ruder gelaufen sind. Täglich hat Heberer „mindestens fünf Anfragen“ von verzweifelten Hundebesitzern im Postfach. Diese Menschen haben Angst, weil ihr Hund am Futternapf knurrt, sein Spielzeug verteidigt oder keinen Besuch mehr reinlässt. „Einige leben völlig isoliert, die Kinder können keine Freunde mehr einladen“, fasst Ute Heberer zusammen.
Schuld daran gibt sie auch der Corona-Pandemie mit ihrem Hunde-Boom. „Weil plötzlich jeder einen Hund wollte, gab es keine Welpen mehr“, erklärt sie. Seriöse Züchter führten lange Wartelisten, „und Mischlingswelpen wurden plötzlich für 2000 Euro verkauft“. Viele Menschen hätten sich dann Arbeitshunderassen angeschafft, ohne zu wissen, welche Charaktereigenschaften damit einhergingen. Manchen Menschen wurden Labradorwelpen – die Rasse gilt als familientauglich – verkauft, die sich später als Owtscharkas herausstellten, berichtet die Tierschützerin. Das ist eine russische Herdenschützer-Rasse und laut Heberer „so ziemlich das Kernigste, was rumläuft“.
Ein fester Teil der Hunde bei Tino kommt von befreundeten Tierschutzorganisationen in Rumänien, Italien oder auf den Kanaren. Das gehöre zur Tino-Strategie: „Unsere Auslandshunde sind gerettet. Sie haben hier ein tolles Leben. Und sie bringen uns die Menschen ins Tierheim. Wenn ich mir zehn Problemhunde ins Tierheim hole, werde ich mit ihnen alt.“
Eine weitere Herzensangelegenheit von Heberer sind die vielen wilden, kranken Katzen. Als junge Frau arbeitete sie im Außendienst und sah das Katzenelend auf den Bauernhöfen im Odenwald. Um die unkontrollierte Vermehrung einzudämmen, organisiert Tino Kastrationsaktionen wilder Katzen, bei denen die Tiere eingefangen, kastriert und nachher wieder ausgesetzt werden. Finanziert wird die Kampagne auch von Paten. Beworben wird die Patenschaft augenzwinkernd mit dem Slogan „Eunuchen buchen.“
Schwerer, als einen Termin mit Ute Heberer zu vereinbaren ist es übrigens, bei diesem Termin ein Foto von ihr zu machen. Sie ziert sich, will Mitarbeiter vorschicken, schlägt vor, nur die Tiere abzulichten. Der Grund: Ihr schwarzes T-Shirt ist voller weißer Streifen. „Das ist Mehl“, erklärt Heberer lachend, „ich war eben dabei, einen Kuchen zu backen.“ Seit zwölf Jahren lebt sie in dem Haus gegenüber vom Tierheim – mit der Bundesstraße 47 dazwischen, „als natürliche Grenze“.
Und auch wenn die 63-Jährige kürzlich den ersten Vorsitz an Vereinskollegin Sigrid Faust-Schmidt abgegeben hat, bleibt sie im Alltag eng mit Tino verbunden. Der Kuchen ist für befreundete Tierschützer aus Ulm, die am Nachmittag einen ihrer Schützlinge vorbeibringen, mit dem sie nicht klarkommen. Ablichten lässt sich Heberer dann am Ende doch noch – fürs Foto zieht sie einfach den Reißverschluss ihrer Jacke zu.
Vermittlungstiere von Tino
Auf der Tino-Webseite www.tiere-in-not-odenwald.de sind alle aktuellen Vermittlungstiere gelistet. Tiervermittlung nur nach telefonischer Terminabsprache! Dienstag 14 bis 17 Uhr, Donnerstag 14 bis 17 Uhr und Samstag 14 bis 17 Uhr unter Tel. 06063 939848.
Hilfe für Darmstadts Fledermäuse
Ein Beitrag von Mia Schwind
In der Dämmerung sind sie unterwegs, die Fledermäuse. Schnell und nahezu lautlos fliegen sie umher. Aus der Nähe sind sie nur schwer zu beobachten. Hin und wieder kommt es aber vor, dass man sie tagsüber entdeckt. Doch das ist alles andere als gut. Warum, das erklärt Minu Samimi. Sie hat eine Pflegestelle für gefundene Fledermäuse und päppelt ehrenamtlich verletzte oder geschwächte Tiere auf. TIERISCH GUT hat sie einen Tag lang begleitet.
Minus Tag fängt früh morgens mit dem Sortieren der Futterwürmer an. Der nächste Schritt ist, ihre Pfleglinge, die sie auch gerne Flausis nennt, zu suchen und nachzuschauen, wie es ihnen geht. „Manchmal muss ich auch über eine Stunde suchen, bis alle gefunden sind“, so Minu. Danach bekommen alle Patienten ihr Frühstück.
Minu erzählt von ihren „Gästen“. Da ist zum Beispiel Schumi – er kann aktuell nicht fliegen, warum genau weiß sie noch nicht. Schumi ist eine Zwergfledermaus und etwa so lang wie ein Zeigefinger. Danach findet sie Schmendrick und Pepper, zwei Breitflügelfledermäuse. Sie passen auf eine Handfläche. Wenn Minu sie in die Hand nimmt, geben sie Meckerlaute von sich. „Fledermäuse sind hochsoziale Tiere, sie kommunizieren viel untereinander.“
Wie kommen die Fledermäuse zu Minu? „Die meisten Tiere sind dehydriert oder haben Verletzungen an ihren Flügeln durch Katzen. Es gab auch schon Fälle, in denen sich eine Fledermaus in einer Klebefalle verfangen hat. Sie werden meist tagsüber auf dem Boden oder an einer Hauswand hängend gefunden“, erzählt sie. Wichtig ist dann schnelles Handeln. Eine Fledermaus tagsüber zu sehen ist ein Alarmsignal. Besonders wenn sie nicht fliegen, stimmt irgendwas mit ihnen nicht, meint Minu.„Viele Leute geraten an spezielle Beratungshotlines, die den Findern raten, die Tiere dort zu lassen, wo sie sind. Das ist falsch. Es ist notwendig, dass sich jemand mit Fachkenntnis die Fledermaus persönlich anschaut. Das Internet hilft enorm. Es gibt einige Pflegestellen, die man anrufen kann. Einfach so lange versuchen, bis man einen Fledermausexperten gefunden hat, der sich dem Tier annehmen kann.“ Noch bevor man eine Aufnahmestelle für die Fledermaus gefunden hat, kann man selbst erste Maßnahmen ergreifen. „Das Wichtigste ist, das fremde Tier nie mit bloßen Händen anzufassen. Die Tiere könnten unter Umständen Tollwut übertragen. Die Annahme, Fledermäuse übertragen das Coronavirus, stimmt aber nicht. In Deutschland gibt es keine Fledermausbestände, die mit den Viren in Kontakt gekommen sind. Eher wir Menschen können das Virus an die Tierchen übertragen“, erklärt Minu. Aber was ist, wenn man gerade im Wald spazieren geht und weder Handschuhe noch ein Karton oder ähnliches dabeihat? „Mein Tipp bei einer spontanen Fledermausrettung: Socke ausziehen, auf links ziehen und damit die Fledermaus greifen. Dann die Socke über die Fledermaus stülpen und gut zuknoten. So berührt man das Tier nicht direkt und hat sie sicher verstaut“, rät sie.
Minu hat zurzeit des Besuchs neun Fledermäuse in ihrer Pflegestelle. Wenn alles weiterhin glatt läuft, können alle Tiere in ein bis zwei Wochen wieder in die freie Wildbahn zurückkehren. Dann ist die Saison für sie vorbei, da die Fledermäuse ab September ihre Quartiere für den Winterschlaf aufsuchen. „In den Sommermonaten werden die meisten Fledermäuse gefunden, vom Baby bis zum erwachsenen Tier. In Spitzenzeiten habe ich auch mal 25 Fledermäuse zu versorgen“, sagt die Fledermauspflegerin, die bereits mit 18 Jahren durch Zufall eine gefundene Fledermaus bekommen und sich um sie gekümmert hat. Seitdem nahm die Leidenschaft für die kleinen Tiere ihren Lauf.
Minu betreibt seit drei Jahren ihre mittlerweile geprüfte Pflegestelle. Als sie mir von dieser Zeit als Fledermauspflegerin erzählt, wird schnell deutlich, wie sehr an ihren zahlreichen Patienten die zunehmende Umweltzerstörung zu bemerken ist: Insektensterben, Wetterextreme und auch die dichte Bauweise neuer Häuser tragen dazu bei, dass die Fledermäuse immer weniger geeignete Lebensräume finden.
Nach dem Versorgen der Pfleglinge wird alles für die nächste Fütterung vorbereitet. Währenddessen berichtet Minu weiter über ihre Arbeit in der Hauptsaison: „Im Sommer wird ein Zimmer zum Fledermaus-Zimmer umgeräumt. Während der Pflege kleiner Babys muss ich alle zwei Stunden aufstehen, um ihnen Milch zu geben. Die Babys kleiner Arten sind anfangs noch so klein wie ein Gummibärchen. Für die Begutachtung und Pflege von ihnen muss ich oft eine Lupe zu Hilfe nehmen, so winzig sind sie. Nachdem alle Fledermäuse meine Pflege verlassen haben, dauert es bis zu drei Tage, um das Zimmer aufzuräumen und zu reinigen.“ Mit Minus Erzählungen wird schnell klar: Es ist eine sehr fordernde Aufgabe, Fledermäuse zu versorgen, physisch und besonders emotional- und das alles ehrenamtlich, aus Leidenschaft für diese interessanten Wildtiere, die zunehmend auf menschliche Hilfe angewiesen sind.
Minu erinnert sich an viele ihrer Pflegegeschichten. Manche sind traurig, weil es das Tier nicht geschafft hat. Viele enden aber mit einer erfolgreichen Auswilderung. Oft werden die Tiere im Darmstädter Herrngarten oder am Großen Woog freigelassen, damit sie direkt eine Stelle zum Trinken finden. Eine besonders dramatische Geschichte mit einem großartigen Happy End schrieb das verletzte Fledermausweibchen Hedwig. Diese kam 2021 mit einem sehr schwer verletzten Flügelchen zur Pflegestelle. Es folgte eine komplizierte und riskante Operation. Zunächst sah alles gut aus, doch drei Tage später verhielt sich Hedwig merkwürdig: Sie erwartete ein Baby! Minu war bei der Geburt dabei und half Hedwig. Ein einzigartiges Erlebnis, wie sie sagt. Das Baby war da. Die nächsten Wochen waren kräftezehrend. Das Fledermausweibchen musste sich von ihrer Operation erholen und gleichzeitig noch ihr Junges versorgen. Doch trotz allen Widrigkeiten überlebten beide. Minu konnte das Junge mit zwei anderen Jungtieren am Ende des Sommers auswildern. Hedwig wurde von einer anderen Pflegestelle übernommen.
Fledermäuse halten Winterschlaf. Zum Zeitpunkt der TIERISCH GUT-Winterausgabe sind sie also versteckt in ihren Quartieren und warten auf den Frühling.
Kann man in der kalten Jahreszeit denn trotzdem etwas tun? Minu hat folgende Tipps: „Bauarbeiten an Dächern im Winter können die dort lebenden Tiere stören. Wenn die Arbeiten nicht vermeidbar sind, kann vorher nach Wintergästen Ausschau gehalten, und eine Pflegestelle kontaktiert werden, die die Fledermäuse in ein geeignetes Quartier bringt.“ Der Winter ist außerdem eine gute Zeit, um zu planen und sich beraten zu lassen: Wie gestalte ich meinen Garten fledermausfreundlich? Soll ich einen Fledermauskasten an der Hauswand anbringen? Zu diesen Fragen ist Recherche und vor allem Beratung sinnvoll. Sobald es wieder warm wird und die Flausis aus ihrem Winterschlaf erwachen, gibt es außer Minu noch viele andere Fledermaus-Kenner, die sich für die Tiere einsetzen, zum Beispiel mit Führungen, Flugvorführungen, Aufklärungsarbeit in Schulen und vielem mehr. Wenn Sie sich nun für diese besondere Tierart interessieren und sie näher kennen lernen wollen, finden sich nähere Informationen und Veranstaltungstermine auf den Seiten des NABUs und des Vereins Fledermausschutz Südhessen e.V.
Fledermaus gefunden – Was tun?
– nur mit Handschuhen oder einem sonstigen Schutz gegen Bisse anfassen
– bei größeren Wunden oder Knochenbrüchen kann nur ein Fledermausspezialist helfen
– in eine Notfallkiste setzen, z. B. Schachtel oder Schuhkarton, ausgelegt mit Küchenpapier oder Tuch
– dem Findling Wasser anbieten (mit Pipette oder Teelöffelspitze seitlich an die Maulspalte; kein Wasser in die Nasenlöcher)
– im Winter die Notfallkiste in einem etwa 5 bis 10° C kühlen Raum aufbewahren; im Sommer bei Raumtemperatur
– mit ausgewachsenen Fledermäusen ohne erkennbare Verletzungen kann am Abend (außer Frostnächte oder Dauerregen) ein Abflugversuch unternommen werden; möglichst hoch setzen an eine rauhe Wand, Holzverschalung oder einem Fensterfliegengitter
– sollte der Findling nicht selbstständig abheben, bitte nicht hochwerfen, ebenfalls an einen Fachkundigen wenden
Ansprechpartner, die in den genannten Kreisgebieten weiterhelfen:
Kreis Offenbach (OF): Ute Wernicke, 06104 42760
Darmstadt, Stadt (DA): Minu Samimi, 01578 2211009
Darmstadt, Westkreis (DA, ehemaliger Kreis Darmstadt): Sybille Waibel, 0175 4068431
Darmstadt, Ostkreis (DA, DI, ehemaliger Kreis Dieburg): Dirk Diehl, 06073 80029
Kreis Bergstraße (HP): Dagmar Göhler, 06252 77554
Kreis Groß-Gerau (GG): Wolf Emmer, 0172 9947948
Bitte beachten: Alle genannten Personen arbeiten ehrenamtlich. Die Ansprechpersonen sind daher nicht immer zu erreichen und können Fundtiere nicht unbedingt abholen.
Lebensräume – schaffen und erhalten
– Fledermäuse mögen es kühl, feucht und frostfrei. Sie leben in alten, Kellern oder leeren Dachböden; in vielen neugebauten Häusern sind Dachböden und Keller meist verschlossen
– Bau eines Spaltenquartiers am Haus (Bauanleitung siehe www.fledermausschutz-suedhessen.de/merkblaetter)
– ungenutzte Dachböden dem Fliedermausschutz Südhessen e.V. oder dem NABU (bspw. der ortsansässigen Gruppe) melden
– Bau eines Fledermausbrettes am Haus (Bauanleitung siehe www.fledermausschutz-suedhessen.de/merkblaetter)
– Aufhängung von Fledermauskästen (weitere Infos unter www.fledermausschutz-suedhessen.de/merkblaetter)
– fledermausfreundliche Gärten anlegen
Ein Garten für Fledermäuse
– Fledermausbeet anlegen: Nachtblühende, nektarreiche Blütenpflanzen, zum Beispiel Leimkraut, Seifenkraut und Wegwarte. Durch ihren intensiven Duft locken die Pflanzen Nachtfalter an, die Lieblingsspeise vieler Fledermausarten.
– Teich anlegen: Das Wasser zieht viele Insekten an und bietet Fledermäusen so einen reich gedeckten Tisch. Je artenreicher der Garten, desto mehr Insekten tummeln sich dort.
– Garten ohne Gift: Auf Insektizide und andere Gifte verzichten.
– Schaffen Sie Unterschlüpfe: Höhlen in alten Bäumen, alte Keller oder Kartoffelmieten werden gern als Winterquartier genutzt, wenn sie kühl, feucht und frostfrei sind. Oder ein Fledermausbrett oder ein Flachkasten an der Giebelwand sowie Höhlenkästen werden von den Tieren gerne angenommen. Viele Kästen lassen sich auch in Bäumen anbringen.
Quelle: NABU e.V.
Wer rettete Sammy?
Kater Sammy verschwand vergangenes Frühjahr aus Hanau. Acht Monate später landete er schwer verletzt im Darmstädter Tierheim. Sein Leben verdankt Sammy einem unbekannten Tierfreund.
Von Mara Pitz
Zu ihrem Sammy haben Eveline Jilg-Meiser und ihr Mann Peter Meiser von Anfang an eine ganz besondere Beziehung. Denn der Kater kam 2014 bei den Meisers zur Welt, als eines von drei Jungen ihrer Katze Momo. „Er war sehr lieb und verschmust, aber auch sehr nach draußen orientiert“, berichtet Eveline Jilg-Meiser im Gespräch mit TIERISCH GUT. Im März vergangen Jahres kehrte Sammy dann nicht mehr von einem seiner Streifzüge zurück. Die Meisers suchten alles ab, informierten die Nachbarn und verteilten mehr als 200 Flugblätter in Hanau – doch Sammy blieb spurlos verschwunden.
Bis zu einem nasskalten Abend im November, als ein Anruf die freudige Botschaft brachte: Sammy lebt! Wenige Tage später holten die Meisers ihren Kater aus dem Tierheim in Darmstadt ab. Was war passiert? Wenige Tage zuvor wurde Sammy im Wald in Dietzenbach gefunden, leblos und schwer verletzt. Der Finder brachte ihn in die Tierklinik nach Neu-Isenburg, wo sich das ganze Ausmaß von Sammys Verletzungen zeigte: „Er hatte ein Schädel-Hirn-Trauma, eine zertrümmerte Hüfte und Lungenblutungen“, fasst Jilg-Meiser zusammen. Die Veterinäre vermuten, dass er angefahren wurde, nur knapp überlebte und sich mit letzter Kraft in den Wald rettete. Nach der Notfallversorgung in der Klinik war Sammy ins Darmstädter Tierheim gebracht worden, wo er schließlich dank der Suchmeldung von „Tasso“ erkannt wurde. Ein Blick hinter die Kullisen von Tasso gibt es in unseren Beitrag http://tierischgut-da.de/blog/2022/tier-entlaufen-was-nun/.
Wie Sammy aus Hanau ins knapp 20 Kilometer entfernte Dietzenbach kam, können die Meisers nur spekulieren. In Sammys Revier war damals eine große Baustelle. „Vielleicht ist er dort in einen Laster eingestiegen und als blinder Passagier mitgefahren“, vermutet seine Besitzerin.
Ein gutes halbes Jahr später ist Sammy dank intensiver tierärztlicher Behandlung wieder fit. „Körperlich hat er keine Schäden“, sagt Jilg-Meiser. „Aber sein Wesen ist verändert.“ So will der Kater heute gar keinen Freigang mehr, traut sich nicht mehr weiter als bis zur Terrassentür. Stattdessen sei er nur umso anhänglicher und verschmuster geworden. Die Meisers sind überglücklich, ihren ganz besonderen Kater wieder bei sich zu haben. Nur eine Sache treibt sie um: „Wir würden uns so gerne bei der Person bedanken, die Sammy gefunden und in die Tierklinik gebracht hat.“ Den Namen darf die Klinik nicht herausgeben, aus Datenschutzgründen. Die Meisers setzen nun Hoffnung auf den Bericht in TIERISCH GUT. „Vielleicht finden wir auf diesem Weg den Menschen, der Sammy gerettet hat.“
Sind Sie Sammys Lebensretter und wollen Kontakt zu Familie Meiser herstellen? Dann schreiben Sie uns an info@tierisch-gut.de.
Die Katze leidet still
Viele Katzen werden heute 15 bis 20 Jahre alt – doch der Alterungsprozess und die damit verbundenen Probleme beginnen schon viel früher. Tierarzt Martin Kniese und Katzenpsychologin Carmen Schell erklären im Interview, woran Halter die ersten Zipperlein erkennen, wie man Katzensenioren den Alltag erleichtert – und was das Tolle an betagten Samtpfoten ist.
Von Mara Pitz
TIERISCH GUT: Herr Kniese, Frau Schell, ab wann ist eine Katze eigentlich alt?
Carmen Schell: Aus meiner Sicht ist das wie bei uns Menschen: individuell sehr unterschiedlich. Generell würde ich sagen so ab sieben bis zehn Jahren.
Martin Kniese: Die Katzen, die wir hier in der Praxis sehen, sind ja meistens Haus- oder Wohnungskatzen, die medizinisch gut versorgt, gut ernährt und betreut und auch den Alltagsrisiken einer Bauernhofkatze nicht ausgesetzt sind, sodass die Lebenserwartung einer Katze heute weit über zehn Jahre hinausgeht. 14, 16 Jahre, bis hin zu 20 Jahren ist heute ja nichts mehr Ungewöhnliches. Von daher ist die Alterung auch unterschiedlich. Medizinisch gesehen beginnt für uns die ältere Katze mit acht bis zehn Jahren. Und ab zehn, zwölf Jahren gehen dann meist die ersten altersbedingten Probleme los.
Was sind die typischen erstes Anzeichen, dass die Katze alt wird?
Schell: Ich finde das Gemeine an Katzen ist, dass man das eben sehr spät merkt. Die meisten Menschen nehmen gar nicht wahr, dass die Katze mehr schläft oder ihr Sprungverhalten verändert. Sie zögert vielleicht einen ganz kurzen Moment vor dem Sprung - der Halter denkt sich nichts dabei. Die Katze wägt ab, ob sie den Sprung schafft oder hat Schmerzen dabei. Da braucht man ein sehr genaues Auge, um das wahrzunehmen. Die meisten Halter bemerken erst die für uns eher unschönen Veränderungen, wenn die Katze unsauber wird oder anfängt, stark zu vokalisieren.
Kniese: Aus ärztlicher Sicht ist es dann eigentlich schon zu spät. Viele Veränderungen sind Dinge, die man gerne als Tierhalter - und manchmal auch als Tierarzt – geneigt ist, aufs Alter zu schieben. Man sagt: Das ist jetzt normal. Dabei sind viele Probleme medizinisch beeinflussbar. Wenn sich im Alter etwas verändert – die Katze wird aggressiv, nimmt ab oder trinkt mehr – sollte man immer auch an etwas Krankhaftes denken. Wir haben bei den Katzen ganz typische Altersproblematiken: Das sind organische Leiden, vornehmlich Nieren- und Schilddrüsenprobleme sowie Herzprobleme und Diabetes, die man am ehesten über Blutuntersuchungen feststellen kann. Was auch sehr häufig übersehen wird, sind Arthrosen. Das sind Schmerzprozesse bei Katzen, die sich dann daran zeigen, was Frau Schell bereits beschrieben hat: Die Katze ist nur noch eingeschränkt beweglich und meidet viele Dinge. Das sollte einen Tierhalter immer hellhörig machen, denn die Katze kann nicht sagen: Ich habe Schmerzen. Sie sitzt auch nicht da und miaut, wenn ihr etwas weht tut. Die Katze leidet still. Wir haben zum Glück mittlerweile modernste Arthrose-Medikamente, die sehr gut wirken und auch älteren Katzen ein schmerzfreies Leben ermöglichen.
Sind das spezielle Schmerzmittel?
Kniese: Nein, dabei handelt es sich um ein Präparat, das bestimmte entzündliche Prozesse im Körper verhindert. Das ist eine echte Innovation in der Katzenmedizin. Viele Halter sind davon begeistert und berichten von massiven Verhaltensveränderungen. Eine andere Schmerzproblematik bei Katzen sind die Zähne, also Lochfraß, den man nur mit aufwändigen Röntgentechniken unter Narkose feststellen kann. Das ist aber kein reines Altersthema, sondern kommt auch bei jüngeren Katzen vor.
Es gibt ja die Volksweisheit, dass Katzen im Alter garstig werden. Stimmt das?
Schell: Bei manchen Katzen geht die Reizschwelle herunter, das mag schon sein. Aber das hängt immer von der Grundbelastung ab: Hat die Katze Schmerzen, ist ihr übel, hat sie vielleicht Streit mit ihrem Katzenkumpel? Aber, und das ist mir ganz wichtig, das hat immer einen Grund. Keine alte Katze ist ohne Grund garstig. Die meisten älteren Katzen, die zu mir in die Beratung kommen, schicke ich zuallererst zum Tierarzt. Bei fast allen steckt dann auch etwas Medizinisches dahinter.
» Alte Katzen sind wunderbar. « (Carmen Schell)
Kann man etwas tun, um dem Altern entgegenzuwirken?
Kniese: Übergewicht ist natürlich ein großes Thema, das sollte man vermeiden. Ich kann nur generell raten, die ältere Katze ab etwa acht Jahre mindestens einmal im Jahr tierärztlich durchchecken zu lassen. Die Zähne müssen kontrolliert werden, das Blut sollte untersucht werden. Vieles kann man durch Vorsorge sehr früh klären und behandeln im Sinne der Lebensqualität für das Tier.
Und was kann man im Alltag tun?
Schell: Wer rastet, der rostet, das gilt auch für Katzen. Ihr Bewegungsdrang ist bis ins hohe Alter enorm, sofern sie ihn schmerzfrei ausleben können. Meine 17 Jahre alte Katze zum Beispiel leidet unter Arthrose und hat Probleme, Treppen zu gehen. Sie läuft aber jeden Tag mehrfach in einem speziellen Laufrad für Katzen – von sich aus. Das ist eine sehr gleichförmige Bewegung, die ihr guttut.
Kniese (lacht): Wie bekommt man denn eine Katze in ein Hamsterrad rein?
Schell (lacht): Es ist ja ein übergroßes Rad mit 1,25 Meter Durchmesser. Tatsächlich muss man junge Katzen da meist gar nicht heranführen. Die sehen sich an, wie sich das dreht, und springen rein. Die Älteren brauchen gerne mal eine kleine Instruktion, wie sie rein- und rauskommen, laufen dann aber erstaunlich viel darin. Das ist auch besonders für Hauskatzen ohne Freigang interessant.
Für Menschen gibt es ja das sogenannte Gehirnjogging. Gibt es so etwas auch für Katzen?
Schell: Clickertraining kann man zum Beispiel auch mit einer älteren Katze beginnen. Auch Food Puzzles sind eine tolle Möglichkeit. Das bedeutet, dass die Katze ihr Futter nicht nur aus dem Napf bekommt, sondern es sich erarbeiten muss. Die Hauptmahlzeiten sollten gerade bei älteren Katzen schon im Napf angeboten werden und auch immer an der gleichen Stelle. Aber alles, was es an Snacks gibt, erhält meine Katze zum Beispiel über Aufgaben.
Können Katzen auch dement werden?
Schell: Auf jeden Fall! Sie verlieren dann ähnlich wie Menschen den Tag-Nacht-Rhythmus und stehen plötzlich orientierungslos da, wissen nicht mehr, was sie tun wollten. Meine Katze ist auch dement – aber noch relativ am Anfang. Wenn sie zum Beispiel mitten in der Nacht aufwacht und nicht weiß, wo wir sind, wird auch ordentlich gerufen.
Kniese: Dieses nächtliche Vokalisieren ist ein großes Problem für viele Katzenhalter. Manche Tiere schreien die ganze Nacht durch. Einige sind taub, hören sich deswegen nicht mehr selbst und schreien dann nur umso lauter. Viele Menschen tun kein Auge mehr zu. Wenn die Katze dann noch unsauber wird, weil sie das Katzenklo nicht mehr findet oder vergisst, dass sie es benutzen muss, wird das zur riesigen Herausforderung.
» Die Schmusigkeit und Anhänglichkeit von meinen alten Tieren habe ich immer sehr genossen. « (Martin Kniese)
Wie kann man da Abhilfe schaffen?
Schell: Katzen sind Gewohnheitstiere und wissen gerne, wann was passiert. Man kann zum Beispiel Rituale einführen und der Katze jeden Abend einen Schlafplatz herrichten, sie ins Bett bringen und – wenn sie es mag – zudecken. So weiß die Katze, wann der Tag zu Ende ist und die Nacht beginnt. Außerdem schätzen ältere Katzen meist Wärme sehr. Außerdem helfen zum Beispiel Nachtlichter für die Steckdose, sodass sich die Katze nachts besser orientieren kann.
Kniese: Die Katze sieht ja eigentlich nachts sehr gut. Wenn sich aber im Alter die Linse zunehmend eintrübt, wird das Nachtsehen als erstes beeinträchtigt. Das führt dann zu Irritationen, wenn die Katze plötzlich nachts wie vor einer schwarzen Wand steht und gar nichts mehr erkennt. Gegen die Demenz an sich kann man medizinisch leider nichts tun.
Was ist aus Ihrer Sicht noch typisch für das Alter, Frau Schell?
Schell: Katze wird wieder mehr Katze. Die junge Katze passt sich unserem Leben unglaublich stark an, was ihre Gewohnheiten angeht. Ein Beispiel: Für eine Katze ist es körperlich nicht passend, nur morgens und abends zu fressen. Denn physiognomisch ist sie eigentlich auf viele kleine Mahlzeiten angepasst: In der Natur fängt sie 15 bis 30 kleine Beutetiere am Tag. Viele Katzen machen es aber trotzdem ganz lange mit, dass sie nur morgens und abends gefüttert werden wie ein Hund. Im Alter verlangen sie dann aber wieder mehrere kleine Mahlzeiten, wie es eigentlich ihrer Natur entspricht.
Jetzt müssen Katzen ja auch häufiger zum Tierarzt – sind sie denn auch die anstrengenderen Patienten auf dem Tisch?
Kniese: Im Gegenteil – meist sind sie durch ihre Erfahrung etwas gelassener und ruhiger, was Routine-Untersuchungen vereinfacht.
Viele Menschen wollen unbedingt ein Katzenbaby. Was spricht aus Ihrer Sicht dafür, sich stattdessen eine ältere Katze anzuschaffen?
Schell: Man hat nicht die ganze Erziehungsarbeit, die ein Kitten mit sich bringt. Die haben ja schon viel Quatsch im Kopf. Zudem kann eine ältere Katze mit ihrer eingeschränkteren Lebenserwartung für junge Menschen, die mitten im Leben stehen und sich nicht zu lange an ein Tier binden wollen, eine gute Wahl sein.
Kniese: … oder für ältere Menschen, die nicht mehr 15 oder 20 Jahre die Verantwortung für ein Tier übernehmen wollen.
Medizinisch gesehen hat das Alter ja sehr viele negative Seiten. Was gibt es denn aus Ihrer Sicht Positives?
Kniese: Ich persönlich habe die Zeit mit alten Tieren, sei es Hund oder Katze, immer sehr geschätzt, weil dann mehr Ruhe und Gelassenheit in das Verhältnis eingekehrt sind. Die Schmusigkeit und Anhänglichkeit habe ich immer sehr genossen.
Schell: Das kann ich voll und ganz unterschreiben! Das Tollste an einer alten Katze sind ihre Gelassenheit und ihre Lebenserfahrung.
Zum Abschluss beenden Sie beide bitte folgenden Satz: Alte Katzen sind…
Kniese und Schell (gleichzeitig): Wunderbar!
Zur Person
Carmen Schell lebt und arbeitet als Katzenpsychologin in Dieburg. Mit ihrem Unternehmen Cattalk® berät sie bundesweit Katzenbesitzer, Tierärzte und Tierheime. Schell ist regelmäßig in der TV-Sendung „hundkatzemaus“ auf Vox als Katzenexpertin zu sehen (mehr auf www.cattalk.de).
Tierarzt Martin Kniese lebt und arbeitet in Darmstadt. Seit 1992 betreibt er seine Praxis in der Wilhelm-Glässing-Straße 2 (unmittelbar am City-Tunnel), in der neben ihm vier weitere Tierärztinnen beschäftigt sind. Weitere Infos unter www.tierarztpraxis-kniese.de
Zehn Tipps für den Alltag mit einem Katzensenior
Hilfsmittel: Katzentreppchen oder ein niedriger Kratzbaum helfen der älteren Katze, Lieblingsplätze wie die Fensterbank oder das Sofa leichter zu erreichen.
Nachtlicht: Da die Sehkraft im Alter nachlässt, kann ein kleines Nachtlicht dafür sorgen, dass sich die Katze im Dunkeln orientieren kann.
Futterwechsel: Viele Katzen werden im Alter beim Futter wählerischer. Im Fachhandel gibt es speziell für die Bedürfnisse auf ältere Katzen oder auch für bestimmte Erkrankungen wie Diabetes abgestimmtes Futter.
Unsauberkeit: Wenn die Katze im Alter unsauber wird, kann das auf Demenz oder auf körperliche Probleme wie Inkontinenz hinweisen. Niemals sollte man sie dafür schimpfen!
Wärme: Viele ältere Katzen frieren leichter. Ein warmes Deckchen oder Kissen können Abhilfe schaffen.
Katzenklo wechseln: Manche Katzen nehmen im Alter ihre Katzentoilette nicht mehr an, weil das Hineinspringen unangenehm oder schmerzhaft ist.
Gesundheitscheck: Verhaltensveränderungen bei alten Katzen gehen oft auf unerkannte Krankheiten zurück. Ein Gang zum Tierarzt schafft Klarheit.
Mitbringsel: Auch Katzensenioren, die keinen Freigang (mehr) genießen, sind noch neugierig. Man kann ihnen etwas von draußen mitbringen, zum Beispiel Kastanien, einen Tannenzapfen oder etwas Laub.
Abwechslung: Futtersuchspiele und Beschäftigung mit der Katze festigen die Bindung und halten die Katze fit.
Gelassenheit: Das Alter gehört zum Leben dazu.
Tier entlaufen – was nun?
In der Tasso-Notrufzentrale in Sulzbach im Taunus wird täglich hunderten Tierhaltern geholfen, die ihren Hund oder ihre Katze vermissen. TIERISCH GUT hat hinter die Kulissen geschaut.
Von Mara Pitz
Wenn Jennifer Gierok ihren Arbeitstag beginnt, lässt das erste Drama meist nicht lange auf sich warten: Eine junge Frau ist am Telefon, völlig aufgelöst. Ihre Katze Lucy ist weg. Eigentlich eine Wohnungskatze, ist sie in einem unbeobachteten Moment durch ein offenes Fenster entwischt. Seitdem fehlt jede Spur von Lucy. Die Stimme der Katzenbesitzerin zittert, klingt verweint.
Was für Tierhalter der absolute Alptraum und eine Ausnahmesituation ist, ist für Jennifer Gierok Alltag. Denn die 42-Jährige aus Flörsheim arbeitet in der Notrufzentrale von Tasso. Rund um die Uhr ist der Telefondienst der Tierschutzorganisation mit Sitz in Sulzbach im Taunus erreichbar für Tierhalter, die ihren Liebling vermissen. Auch Menschen, die ein Tier gefunden haben, können sich an Tasso wenden. Das Prinzip ist so einfach wie genial: Tierhalter registrieren ihr Tier bei Tasso. Meist wird dazu die Nummer des Transponder-Chips benutzt, den Haustiere unter der Haut tragen (siehe Infobox 1 am Ende des Artikels) oder aber die im Ohr eintätowierte Nummer. Der Tierhalter gibt Namen, Geschlecht, Alter und eventuell besondere Merkmale in der Datei an, außerdem seine eigenen Kontaktdaten. Auch ein Foto von seinem Liebling kann er hinterlegen. Entläuft das Tier später und wird gefunden, kann es über die Registrierung dem Halter zugeordnet werden.
Auch die Katze der Anruferin, Lucy, ist im Tasso-Verzeichnis registriert, wie Jennifer Gierok mit einem Blick in ihren Computer feststellt. In der Datei vermerkt Gierok, dass Lucy vermisst wird. Außerdem erstellt sie kostenlos Suchplakate für die Besitzerin. Schließlich hat Gierok noch praktische Tipps für die Frau parat: „Bitten Sie Nachbarn, im Keller nachzuschauen“, rät Gierok. Und: „Stellen Sie besser kein Futter raus.“ Denn das könnte andere Katzen anlocken, was wiederum Lucy davon abhalten könnte, in ihr Revier zurückzukehren. „Stellen Sie stattdessen ein Schälchen mit benutztem Katzenstreu raus und legen sie getragene Kleidungsstücke von sich aus.“ Der vertraute Geruch könne der Katze helfen, zurückzufinden. „Und am besten lassen sie immer das Fenster und die Tür offen, damit sie jederzeit zurück in die Wohnung kann.“ Einfühlsam und ruhig spricht Gierok mit der Anruferin. Am Ende klingt die junge Frau schon gefasster.
Rund 300 solcher Vermisstenmeldungen, die meisten davon betreffen Katzen und Hunde, gehen jeden Tag bei Tasso ein. Hinzu kommen mehrere hundert Anrufe von Menschen, die ihr Tier registrieren lassen möchten oder aber ein herrenloses Haustier gefunden haben. Jennifer Gierok und ihre rund 60 Kollegen aus der Notrufzentrale arbeiten an sieben Tagen in der Woche in vier Schichten. In der Kernzeit von 8 bis 20 Uhr sind bis zu zwölf Mitarbeiter parallel an den Telefonen. Gieroks Kollegin Samantha Fricke übernimmt meist die Nachtschicht von 23 bis 6 Uhr. „Nachts ist es meistens etwas ruhiger am Telefon“, berichtet Fricke. Dann übernimmt die 27-Jährige andere Aufgaben, durchforstet zum Beispiel Facebookgruppen und Co auf der Suche nach Hinweisen zu vermissten Tieren oder bestellt Suchplakate für Besitzer. „Wir raten davon ab, selbst Suchplakate mit der Handynummer zu drucken“, sagt Fricke. „Unsere Plakate sind anonym.“ Die Besitzer müssen darauf keine privaten Angaben wie ihre Handynummer preisgeben und sind so vor Datenmissbrauch, Scherzanrufen oder gar Erpressungsversuchen geschützt. Denn es ist schon vorgekommen, dass Kriminelle versucht haben, Geld von verzweifelten Menschen zu ergaunern, indem sie vorgaben, das vermisste Tier gefunden zu haben, berichtet Fricke. „Datenschutz wird bei uns großgeschrieben“, erklärt sie. Dazu gehört auch, dass der Tierhalter entscheidet, ob seine Kontaktdaten an den Finder weitergegeben werden – oder ob der Kontakt komplett über Tasso läuft.
Deutschlandweit sind bei Tasso 10,5 Millionen Tiere von rund sieben Millionen Haltern registriert. Hunde stellen mit 6 Millionen Tieren den Löwenanteil dar, gefolgt von Katzen mit rund vier Millionen Registrierungen. Der Rest verteilt sich auf Klein- und andere Haustiere. „Von der Maus übers Frettchen bis hin zum Pferd ist alles dabei“, sagt Samantha Fricke. Gegründet wurde Tasso 1982 als bundesweites Haustierregister, damals mit dem Ziel, Tierdiebstahl zu verhindern und gestohlene Tiere zurück zu ihrem Halter zu bringen. Mit den Jahren verschob sich der Fokus immer weiter in Richtung Rückvermittlung entlaufener Tiere. Mittlerweile ist der Verein als Tierschutzorganisation anerkannt und nach eigenen Angaben das größte Haustierregister Europas. Finanziert wird die Arbeit ausschließlich über Spenden.
Zur Arbeit in der Notrufzentrale gehören auch traurige Momente: Wenn ein vermisstes Haustier tot gefunden wird, informiert Tasso die Halter. „Bei diesen Anrufen gehen wir besonders vorsichtig vor“, sagt Fricke. Zum Beispiel frage sie dann immer zuerst, wo der Tierhalter gerade ist. „Wenn die Person Auto fährt, dann bitte ich sie zum Beispiel, rechtsranzufahren.“ Trotz der traurigen Botschaft seien viele Tierhalter dann trotzdem dankbar, ergänzt Gierok. „Denn sie haben endlich Gewissheit, was mit ihrem Tier passiert ist.“
Doch es gibt auch Geschichten zum Schmunzeln: Etwa die von der Katze, die sich unbemerkt ins Wohnmobil der Nachbarn schlich und am nächsten Tag mit ihnen in den Urlaub ans Mittelmeer fuhr. Oder solche, die man wohl nie vergisst: In der Flut im Ahrtal wurde eine Katze von den Wassermassen mitgerissen – und nach vier Monaten in einem Ort zehn Kilometer flussabwärts gefunden. „Völlig abgemagert, aber lebendig“, erinnert sich Fricke. „Diese Familie hatte in der Nacht alles verloren, aber die Katze konnten wir ihnen zurückgeben.“
Besonders viele Vermisstenanzeigen gehen übrigens im Sommer bei Tasso ein. Denn dann sind die Menschen mehr draußen, gehen länger und an unbekannten Orten mit dem Hund spazieren, Türen und Fenster stehen länger offen. Katzen werden in der Urlaubszeit oft von Nachbarn versorgt und können in einem unbemerkten Moment entwischen. Weiterer trauriger Höhepunkt ist an Silvester: An keinem anderen Tag im Jahr verschwinden mehr Hunde und Katzen. „Wir können nur dazu aufrufen, jedes einzelne Tier zur registrieren. Auch eine Wohnungskatze kann entlaufen“, mahnt Fricke. In der unbekannten Umgebung finden reine Stubentiger zudem schwerer wieder nach Hause als Artgenossen mit Freigang. Ob Wohnungskatze Lucy wieder zurück zu ihrer Besitzerin findet, bleibt an diesem Nachmittag ungewiss. Die Chancen stehen jedoch gut. Im vergangenen Jahr sind insgesamt 113.000 Hunde, Katzen und andere Haustiere bei Tasso vermisst gemeldet worden. 93.000 Tiere fanden dank der Arbeit des Vereins wieder zurück nach Hause.
Infobox 1: Tier registrieren
Die meisten Hunde und Katzen sind heutzutage „gechipt“. Das bedeutet, sie tragen einen winzigen Transponder unter der Haut, meist am Nacken oder am Ohr, mit dem sie identifizierbar sind. Die Nummer des Transponders wird im EU-Heimtierausweis eingetragen. Die meisten Tierheime und Tierärzte besitzen ein Gerät, mit dem man die Chipnummer auslesen kann. Damit das Tier einem Halter zugeordnet werden kann, muss es bei Tasso registriert werden. Dass das Tier gechipt ist, genügt nicht! Das Haustier registrieren kann man auf tasso.net. Neben Tasso gibt es mit Findefix ein weiteres Haustierregister in Deutschland, das zum Deutschen Tierschutzbund mit Sitz in Bonn gehört und ebenso eine 24-Stunden-Hotline bietet: 0228 6049635. Auch dort muss man sein Haustier mit der Transpondernummer registrieren. Mehr Informationen unter findefix.com.
Checkliste: Hund entlaufen
Was tun, wenn der Hund aus der Wohnung oder beim Spaziergang entläuft? Tierschützer geben folgende Tipps:
An Ort und Stelle bleiben: Ein entlaufener Hund kehrt oft wieder dorthin zurück, an der er seinen Besitzer verloren hat. Deswegen sollte möglichst eine Bezugsperson an der Stelle bleiben, wo er zuletzt gesehen wurde. Wenn man sich doch entfernen muss, kann man ein getragenes Kleidungsstück hinterlassen.
Vermisst melden: Möglichst schnell den Hund bei Tasso und Findefix als vermisst melden, beziehungsweise den Hund dort registrieren, falls noch nicht geschehen.
Stellen informieren: Man sollte die örtliche Polizei, eventuell auch Jagdpächter und Förster informieren, auch das örtliche Tierheim kann vorab informiert werden. Bauhöfe und Straßenmeistereien informieren (falls das Tier angefahren wurden).
Sich Hilfe holen: In lokalen Facebookgruppen wird oft schnell und unbürokratisch Unterstützung bei der Suche organisiert. Zum Beispiel gibt es Menschen aus Suchhundestaffeln, die gezielt nach entlaufenen Hunden suchen.
Nachbarn informieren und großflächig Suchplakate anbringen und ggf. die Hundehalter-Haftpflichtversicherung informieren, dass der Hund entlaufen ist.
Checkliste: Katze entlaufen
Folgende Tipps können helfen, wenn die Katze entlaufen ist:
– Immer eine Tür oder ein Fenster offenlassen
– Katzentoilette / benutztes Katzenstreu aufstellen
– Bei Tasso und Findefix als vermisst melden beziehungsweise registrieren, falls noch nicht geschehen
– Nachbarn informieren und Suchplakate aufhängen
– Keller- und Lagerräume in der Umgebung absuchen, gegebenenfalls Firmen und Büros in der Nähe informieren
– Örtliche Tierheime anrufen
– Bauhöfe und Straßenmeistereien informieren (falls die Katze angefahren wurde)
Tier gefunden, was nun?
Wer ein Haustier findet, ist dazu verpflichtet, den Fund zu melden. Sonst macht er sich strafbar. Der Fund muss beim örtlichen Ordnungsamt oder nachts bei der Polizei gemeldet werden. Dort muss eine Fundmeldung mit Beschreibung des Tieres hinterlassen werden. Gerade bei verletzten Tieren ist die Fundmeldung vor dem Gang zum Tierarzt wichtig, damit der Finder später nicht die Behandlungskosten zahlen muss. Auch ein tot gefundenes Tier sollte gemeldet werden.
Kontakt
Die Tasso-Notrufnummer 0 61 90 93 73 00 ist an sieben Tagen rund um die Uhr besetzt. Mehr Informationen: tasso.net und in der Tasso-App „Tipp-Tapp“.
Haben auch Sie ein vermisstes Tier wiedergefunden? Dann schreiben Sie uns Ihre Geschichte dazu: info@tierischgut-da.de
Wir melden uns bei Ihnen.