Gestatten: Cedric, angehender Schimmelspürhund

In vielen Häusern versteckt sich gesundheitsgefährdender Schimmel – Thorsten Lenz aus Langenselbold und seine Hunde sind ihm auf der Spur.

Von Mara Pitz

Vorsichtig schiebt Thorsten Lenz ein kleines Röhrchen hinter die Kommode im Esszimmer. Draußen im Flur kratzt schon Beagle Cedric an der Tür. Der junge Hund muss warten, bis sein Herrchen die Probe versteckt hat. Dann öffnet Lenz die Tür zum Flur und Cedric stürmt hinein. Es dauert nur Sekunden, da schabt er schon jaulend an der Holzkommode – genau da, wo das Röhrchen zwischen Wand und Möbelstück steckt.

Wir befinden uns im Haus der Familie Lenz in Langenselbold im Main-Kinzig-Kreis. Was wirkt wie ein Suchspiel, wird für den 15 Monate alten Beagle irgendwann Ernst werden. Denn Cedric ist kein normaler Haushund. Cedric ist angehender Schimmelspürhund. Und Thorsten Lenz ist kein normaler Hundebesitzer. Er hat sich auf die Ausbildung und Führung von Schimmelspürhunden spezialisiert.

Beagle Cedric befindet sich in der Ausbildung zum Schimmelspürhund. Foto: Elke Lenz

Mit seiner Firma SPL UG ist er regelmäßig auf Baustellen und in Gebäuden in ganz Deutschland und im Ausland unterwegs, um unentdeckten Schimmelbefall aufzuspüren. Dort im Einsatz sind seine bereits ausgebildeten Schimmelspürhunde, die beiden Malinois-Rüden Ayk und Andrax. Das Prinzip ist einfach: Der Schimmelspürhund – die Tiere arbeiten einzeln – wird von Lenz durch das Gebäude oder über die Baustelle geführt. Erschnüffelt der Hund die Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen, wird er unruhig und kratzt an der entsprechenden Stelle oder versucht sie zu erreichen.

Die Reaktionen des Hundes werden dabei genau beobachtet und in normal, leicht und stark eingeteilt. In einem Grundrissplan wird eingezeichnet, wo das Tier stark reagiert hat. Nachher werden an diesen Stellen Proben genommen. Diese werden dann im Labor auf Schimmel untersucht. Die Trefferquote seiner Hunde liege bei 95 Prozent, erklärt Lenz. Das bedeutet: Schlägt der Hund 100 Mal an, werden bei 95 der später im Labor untersuchten Proben tatsächlich Spuren von Schimmelbefall nachgewiesen.

Die Spürnasen sind damit zuverlässiger als Raumluftuntersuchungen und zudem wesentlich gebäudeschonender als Materialuntersuchungen. Denn dafür müssten Löcher an verschiedenen Stellen gebohrt werden – nur um dann eventuell herauszufinden, dass dort gar kein Befall vorliegt. Schimmelspürhunde können dagegen in kurzer Zeit große Flächen mikrobiologisch untersuchen, ohne dass zuvor Räume großflächig geöffnet werden müssen. Bis zu 1000 Quadratmeter suchen Ayk und Andrax am Tag ab und sind damit wesentlich effizienter als jede andere Methode.

Seit fast 20 Jahren arbeitet Lenz mit dem Schimmelpilzsachverständigen Dr. Gerhard Führer und dessen Institut peridomus mit Sitz im unterfränkischen Himmelstadt zusammen, der mittlerweile keine Hausbegehung ohne Spürhund mehr macht. Aus den gemeinsamen Einsätzen sind bereits wissenschaftliche Studien entstanden, die Schimmelspürhunde sind als Methode vor Gericht anerkannt und seit Jahren in zahlreichen Projekten von Schulen über Wohnhäuser bis hin zu großen Bürokomplexen im Einsatz.

Wenn Lenz und seine Hunde auftauchen, geht es oft um viel Geld: Einmal hat sich auf einer Großbaustelle ein Schaden in Höhe von sieben Millionen Euro aufgetan. Oft geht es aber auch um die Gesundheit: Denn unerkannter Schimmelbefall in Wohnräumen kann eine Vielzahl von Beschwerden auslösen, von der Nebenhöhlenentzündung über chronischen Durchfall bis hin zu Krebserkrankungen. Einmal habe Lenz für einen Asthmatiker ein Haus getestet, von dem es hieß, hier sei noch nie ein Wasserschaden gewesen. Lenz’ Schimmelspürhund schlug dennoch an. Nach mehrmaligem Nachfragen stellte sich heraus: Genau an der Stelle gab es tatsächlich mal einen Wasserschaden, in der Dusche – vor 20 Jahren.

Thorsten Lenz war der erste in Deutschland, der Schimmelpilzspürhunde ausgebildet hat. „Die Methode wurde in den Achtzigern in Schweden entwickelt“, berichtet er. „Dort wurde in den 70er Jahren wegen der Wohnungsnot sehr schnell und viel gebaut, auch viele Holzhäuser. Kurze Zeit später hatte man dort enorme Schimmelprobleme.“ Bald wurden die schwedischen Hunde auch in Deutschland eingesetzt. „Da habe ich mir gedacht, ich kann auch selbst Hunde ausbilden“, sagt der gelernte Maschinenbauschlosser. Sein Knowhow hatte er aus seinem Hobby, dem Hundesport und aus dem ehrenamtlichen Training von Personenspürhunden.

Seinen ersten Schimmelspürhund namens Ben bildete Lenz vor rund 25 Jahren aus. Beim Training ließ er sich von den Methoden der Schweden inspirieren und kombinierte sie mit seinen eigenen Ansätzen. So müssen die verschiedenen Schimmelpilzarten im Labor gezüchtet werden, für das Training hat Lenz Häuser angemietet. Die Hunde werden dann darauf trainiert, die gasförmigen Stoffwechselprodukte der Schimmelpilze zu erkennen, die ein Anzeichen für einen unsichtbaren mikrobiellen Befall sind. Noch heute bewahrt Lenz eine Vielzahl von Schimmelpilzproben in seinem Haus auf, mit denen die Hunde regelmäßig trainiert werden – mehrfach verpackt und in einer Plastikkiste auf dem Dachboden.

Spürhund-Azubi Cedric befindet sich in der ersten Phase der Ausbildung. Das bedeutet, er absolviert drei Mal am Tag rund 20 Minuten lange Trainingseinheiten. Dabei lernt er, die Ausscheidungen verschiedener Schimmelpilzarten zu erschnüffeln und sie anzuzeigen, wie in der eingangs beschriebenen Szene. In der nächsten Trainingsstufe geht es darum, in unbewohnten Häusern vorher platzierte Schimmelproben aufzuspüren.

Im Zusammenleben läuft einiges anders als bei einem normalen Hund. Tabus wie „Du darfst nicht auf die Couch oder an den Schrank“ gibt es für Cedric nicht. „Sonst hätte er später bei den Einsätzen in Wohnungen auch eine Hemmung, da ran zu gehen, und die darf er nicht haben“, erläutert Lenz. Schließlich kann sich überall Schimmel befinden.

Fotos: Elke Lenz

Das Wichtigste bei der Ausbildung eines Schimmelspürhundes ist es aber, vorab den richtigen Hund dafür auszuwählen. Dabei sei die Nase gar nicht das entscheidende Kriterium. „Was die Nase angeht, könnten das wahrscheinlich die meisten Hunde“, meint Trainer Lenz. Nur bei den extrem kurznasigen Rassen wie Mops oder Bulldogge sei er sich nicht so sicher. Stattdessen sind entscheidend: Neugier, Selbstbewusstsein und Robustheit. „Ein Schimmelspürhund muss absolut angstfrei sein, willensstark und darf vor nichts zurückschrecken.“ Schließlich muss er unter extremen Bedingungen arbeiten. Wenn auf einer Baustelle zum Beispiel noch keine Treppen vorhanden sind, wird der Hund an einem Seil befestigt und auf die nächste Etage gezogen. Dabei darf er sich auf keinen Fall durch Angst von seiner Aufgabe ablenken lassen.

Auf der Suche nach all diesen Eigenschaften suchte Lenz lange nach einem geeigneten Welpen, der sein nächster Spürhund werden soll. Cedric überzeugte ihn direkt mit seiner frechen, unerschrockenen Art. „Er war der Extremste in seinem Wurf.“ Deswegen wählte Thorsten Lenz ihn aus. Da war der Beagle fünf Monate alt.

Cedric wäre Lenz’ siebter Schimmelspürhund. Einige weitere Hunde begannen die Ausbildung bei ihm, hatten jedoch nicht das Zeug dazu. Sie seien im Bekanntenkreis in gute Hände vermittelt worden, wo sie ein Leben als Haushund führten. Natürlich nicht ohne Tränen in der Familie. Lenz schaut hinüber ins Wohnzimmer, wo der Spürhunde-Nachwuchs nach seiner Übungseinheit friedlich auf dem Teppich schlummert. Bei Cedric ist Lenz ganz sicher: Er wird es schaffen.


Lebenshof Odenwald – ein sicherer Platz zum Tier-Sein

Der Lebenshof für gerettete Tiere wurde 2020 als gemeinnütziger Verein gegründet und liegt in Mörlenbach. Er beherbergt heute zahlreiche Tiere, die hier bis an ihr natürliches Lebensende bleiben können. TIERISCH GUT war einen Tag lang vor Ort, um den Hof und seine Bewohner kennenzulernen.

Kälbchen Wilma und Rosi, Foto: Tobias Arnold

Wochenende heißt auf dem Lebenshof: Projektzeit. Schon morgens geht es los. Etwa zehn Helfer sind gekommen, um kräftig anzupacken. Für sie gibt es hier auf dem Hof immer etwas zu tun: Dieses Wochenende stehen die Zäune an. Bald ist der Frühling in vollem Gange und somit auch die Weidesaison. Für die rund vier Hektar große Kuhweide müssen Pfosten und Zäune platziert und Weidetore gebaut werden. Die zwei Ziegen des Lebenshofes, Idefix und Emil, bekommen außerdem einen neuen Unterstand. Bevor es an die Arbeit geht, werden aber die neusten Lebenshof-Mitglieder angeschaut: Die circa sechs Wochen alten Kälbchen Wilma und Rosi. Erst wenige Tage sind sie hier auf dem Hof und schauen die Menschen mit ihren großen dunklen Augen schüchtern aus ihrem Stall an. Sie kommen aus einem landwirtschaftlichen Betrieb, der selbst zu einem Lebenshof wird. Leider war nicht für alle Tiere Platz, also nahm der Lebenshof Odenwald die zwei Kälbchen auf.

Der Lebenshof – von Ursprung und Reise

Die Geschichte des Lebenshofes begann mit der Geschichte von Joar Berge. Er wuchs im Odenwald auf, hatte in Kindertagen bereits Kontakt mit Rindern und lernte diese Tiere lieben. Nach einer Zeit abseits von Natur und Tieren, in den niemals schlafenden Großstädten der Welt, lassen ihn diese Erfahrungen mit Kühen wieder in seine Heimat zurückkehren. Es entsteht die Idee, zwei Rindern einen Platz zum Leben zu schenken. Geworden sind es Dagi und Emma. Doch allein bleiben die zwei nicht. Joars Zusammensein mit seinen Kühen lässt ihn zu einem Entschluss kommen: Er möchte weiteren Tieren einen Platz auf Lebenszeit bieten, ohne dass dieser Platz an einen wirtschaftlichen Nutzen gebunden ist. Joar gründet mit einigen Freunden den gemeinnützigen Verein Lebenshof Odenwald e.V. und ist seither auch erster Vorsitzender. Dagi und Emma sind der „Grundstein“ der bunten Tierfamilie, die seit der Gründung stetig gewachsen ist. Ende letzten Jahres war zu wenig Platz für alle tierischen Hofbewohner, also zog der Lebenshof auf den Scholzehof nach Mörlenbach-Bonsweiler um, wo TIERISCH GUT ihn besucht: „Es gibt deutlich mehr Platz und Möglichkeiten für uns, uns zu entfalten. In der Zwischenzeit konnten wir einige Tiere mehr aufnehmen. Dabei werden wir von der tollen Familie sehr unterstützt, denen der Hof gehört. Es sind viele weitere Menschen dazu gekommen, die sich tagtäglich und ehrenamtlich um das Projekt kümmern. Ich selbst darf auf dem Hof wohnen – ganz nah bei den Tieren“, erzählt uns Joar.

» Während ich weiter dasitze, erfüllt mich tiefe Dankbarkeit. Für die Liebe, mit der mich die Tiere in ihrer Mitte aufnehmen. Für den Frieden und die Geborgenheit, mit der sie mein ganzes Leben bereichern.  « Joar Berge

Joar Berge mit Dagi und Emma, Foto: Tobias Arnold

Der Lebenshof und seine Menschen

Viele Tiere brauchen viel Pflege. Diese Pflege übernehmen neben Joar um die zehn Ehrenamtliche. Unter der Woche teilen sie sich auf. Es muss täglich gefüttert und gemistet werden. Auch Organisation nimmt viel Zeit in Anspruch, beispielsweise wird über „Foodsharing“ Grünfutter für die Hasen und Hühner eingesammelt. Am Wochenende ist Zeit für alles, was im Alltag liegenbleibt. Dann kommen zum festen Kreis an Ehrenamtlern noch weitere motivierte Freunde des Lebenshofes vorbei, um bei allem zu helfen, was anfällt. Das Zusammensein mit den Tieren gibt den Menschen viel zurück. Das Beobachten der Tiere tut Geist und Körper gut. Manon erzählt: „Nach einem langen Tag im Büro mit unseren zwei Ziegen spazieren gehen – das lässt meinen Kopf sofort frei werden und entspannt!“

Gleiche Schicksale, einzigartige Charaktere

Einfach Tier sein. Das dürfen alle Schützlinge des Lebenshofes. Hier leben Tiere, welche für ihre Besitzer keinen wirtschaftlichen Nutzen mehr erbringen konnten: Zu klein, zu alt, zu unrentabel. Vom Zwerg­hahn bis zum großen Ochsen, alle Tiere des Lebenshofes hätte ein ähnliches Schicksal erwartet. Verhindert und in eine schöne Geschichte verwandelt haben das die Menschen, die sich für den Lebenshof einsetzen. Sie sind es auch, die die Tiere seit ihrem ersten Tag auf dem Hof kennen und uns ihre Geschichte erzählen.

Kuh Lotti ist ein Zwilling. Die meisten weiblichen Zwillingskühe sind unfruchtbar – so auch sie. Als Milchkuh wäre sie unbrauchbar gewesen. Der Lebenshof rettete sie. „Sie war am Anfang ein Wackelkandidat, da sie sehr klein und schwach war. Heute ist sie kerngesund und einer unserer größten Kühe“, erzählt uns eine Ehrenamtliche des Hofes, während wir mitten in der Kuhherde stehen.

Kuh Lotti (li.) und eines der Minischeine; Fotos: Tobias Arnold

Die Minischweine Freddie und Fridolin wurden mit ihren Geschwistern als Ferkel im Wald ausgesetzt. Doch zunächst wollten die flinken Schweine scheinbar nicht gerettet werden und flüchteten vor Menschen. Eine wilde Verfolgungsjagd zog sich tagelang hin, bis alle Ferkel eingefangen werden konnten. Heute sind Freddie und Fridolin Teil der vierköpfigen Schweinefamilie und bringen mit ihrem Schweinsgalopp und Gequieke jeden zum Lachen. Fressen, Freunde und Matsch zum Suhlen, so fühlt man sich „sauwohl“!

Die Geschichte der Putenfamilie macht deutlich: Man kann nicht unendlich viele Tiere retten. Die Entscheidung, welche die Glücklichen sind, ist für die Leute des Lebenshofes oft nicht leicht. „Bei den Puten haben wir gesagt, wir nehmen einfach die drei, die zuerst aus dem Gehege laufen, sobald das Gatter offen ist“, erzählt eine Helferin über die drei Puten.
Alle Tiere des Kleintiergeheges bilden eine Art Wohngemeinschaft: Schweine, Hühner, Puten und Kaninchen. Sie beachten sich meistens nicht und leben nebeneinanderher, sagen die ehrenamtlichen Fütterer und Pfleger. Doch auch zwischen den verschiedenen Tierarten gibt es Freundschaften. Polly ist dafür das beste Beispiel. Die mittlerweile verstorbene Hühnerdame hatte eine besondere Bindung zu den Hasen. Eine Ehrenamtliche erinnert sich: „Polly war immer in der Nähe der Kaninchen. Nachts im Stall hat sie nicht auf der Hühnerstange geschlafen, sondern bei den Kaninchen im Stall. Aber auch die Kaninchen haben sie gemocht. Manchmal haben sie Polly gesucht und haben dafür ihren Schlafplatz aufgesucht.“

Der Helfertag hat nun Halbzeit. Jeder kommt zum Kuchenbuffet, um sich zu stärken. Auch die Neuankömmlinge Wilma und Rosi bekommen zum Mittagessen ihre Kälbchenmilch, die Joar akribisch zubereitet. Anfangs wollen die zwei noch nicht trinken, doch mit Ruhe und Geduld schafft Joar es und sie trinken die Ersatzmilch aus den Eimern. Danach geht es für alle direkt weiter mit den Projekten. Jetzt kommen auch viele Alltagsaufgaben dazu, wie etwa die Ställe säubern.

Foto: Tobias Arnold

Unterstützung gesucht!

Der Lebenshof finanziert sich durch Spenden. Interessierte können ab 5 Euro monatlich die Patenschaft für ein Tier übernehmen oder sich durch eine allgemeine Hofpatenschaft beteiligen. Für Paten, Spender und Interessierte ist der Besuch des Lebenshofes kostenlos auf Anfrage möglich.

https://lebenshof-odenwald.de

Buchtipp

„Der Weg zu mir selbst führte mich zurück auf die Kuhweide.“

Mit dem Buch wünsche ich mir, viele Menschen dazu zu inspirieren, ihre Träume zu leben. Zudem möchte ich als Botschafter den sogenannten Nutztieren eine Stimme geben. Ich wünsche mir, dass dieses Buch das Herz vieler Menschen berührt, so wie das Leben mit den Tieren jeden Tag das meine berührt.  Joar Berge

 


Ab ins neue Zuhause

So gelingt der Umzug mit Haustier

Kartons packen, Möbel auseinanderbauen, Lampen abmontieren, Helfer organisieren: ein Umzug bedeutet meist jede Menge Stress – auch für unsere Vierbeiner. TIERISCH GUT hat zusammengetragen, wie man den Wohnungswechsel für Hund, Katze und Co möglichst angenehm gestaltet – und wie die Eingewöhnung im neuen Heim gelingt.

Von Mara Pitz

Katzen

Die meisten Katzen lieben Kartons – Umzüge dagegen weniger. Foto: IVH

Katzen tun sich mit einem Umzug oft besonders schwer. „Sie sind reviertreue Tiere, die sich sehr stark an ihrer Umwelt orientieren“, erklärt Katzenpsychologin Carmen Schell aus Dieburg. Die eigene Wohnung bildet die Kernzone des Katzenreviers – „vergleichbar mit unserem Schlafzimmer“ – und bietet Sicherheit. Deswegen reagieren viele Samtpfoten auf einen räumlichen Wechsel verängstigt und gestresst. Ein Umzugsunternehmen, das anrückt, alles in Kisten packt und dann innerhalb eines Tages den gesamten Hausstand an einen neuen Ort bringt – das ist „aus Katzensicht der Super-Gau“, erklärt Schell, die mit ihrem Unternehmen „Cattalk“ Tierhalter im Rhein-Main-Gebiet und ganz Deutschland berät. „Wenn dann noch – was ja häufig gemacht wird – die alte Couch oder das alte Bett durch ein neues Modell ersetzt wird, fällt der Katze der Wechsel noch schwerer.“ Denn damit fehlen auch die vertrauten Gerüche in den neuen vier Wänden. Besonders reine Hauskatzen, die aus ihrem Alltag wenig Veränderung kennen, leiden laut Schell massiv unter so einer Hauruck-Aktion. Wie erleichtert man der Katze den Umzug? „Man kann zum Beispiel mit ihr zusammen Kisten packen“, rät die Expertin, „und das über einen längeren Zeitraum. So merkt sie, dass sich ihr Revier Schritt für Schritt verändert“. Ein großes Plus sei dabei die Neugier der Samtpfoten. „In der Regel interessieren sie sich für alles, was neu ist, und sind sofort dabei.“ Auch regelmäßige Wechsel in der Wohnung können die Katze sanft auf den Umzug vorbereiten: zum Beispiel ein Stuhl, der plötzlich in einem anderen Zimmer steht.

Und was ist mit der ausrangierten Couch? „Für die Katze wäre am besten, wenn sie mit umzieht, vielleicht in den Keller oder in ein Katzenzimmer“, erläutert Schell, die auch ein Buch zum Thema geschrieben hat („Umzug mit der Katze – Ratgeber für einen entspannten Wohnungswechsel“). Ist das nicht möglich, sollte man zumindest ein Kissen oder einen Bezug mit in die neue Bleibe nehmen – für den vertrauten Geruch. Auch für die neue Couch hat Schell einen Tipp: „Am besten man wirft die erste Zeit einen gebrauchten Bettbezug darüber.“

Für den Umzugstag rät Schell, vorab im neuen Heim ein Katzenzimmer mit allem zurechtzumachen, was die Samtpfote benötig. „Dann würde ich, noch bevor die Helfer kommen und der eigentliche Umzug losgeht, die Katzen dort hinbringen, das Zimmer abschließen und den Schlüssel abziehen, damit die Tiere auf keinen Fall entlaufen können, wenn ein Helfer das Zimmer betritt.“ Das Vorab-Umziehen soll verhindern, dass das Tier durch die fremden Menschen und Geräusche am Umzugstag so in Panik gerät, dass sie sich nicht mehr einfangen lässt. „Das haben Kunden von mir leider so erlebt“, berichtet Schell. Eine Woche habe es gedauert, bis sich die beiden Katzen schließlich in die Transportbox trauten und in die neue Wohnung gebracht wurden.

» Ein Hauruck-Umzug an einem Tag ist aus Katzensicht der Super-Gau. « Carmen Schell, Katzenexpertin

In der ersten Zeit im neuen Zuhause ist Freigang Tabu. Foto: IVH

Am neuen Wohnort stellt sich die Frage: Wie lange soll man eine Freigängerkatze im Haus lassen? Eine feste Regel hierfür gibt es nicht. Der Deutsche Tierschutzbund etwa empfiehlt eine Dauer von drei bis vier Wochen. Carmen Schell rät, abzuwarten, bis die Katze sich eingewöhnt hat und ihre alten Routinen wieder aufgenommen hat – und dann die ersten Streifzüge mit ihr gemeinsam zu unternehmen. „Man kann eine Runde durch den Garten drehen oder einen Spaziergang zum nächsten Feld machen.“ Das fördere die Bindung und sorge dafür, dass die Samtpfote den Weg wieder nach Hause findet. Wie sich ein Revierwechsel auf die Gemütslage der Katze auswirkt, hängt auch von ihrer Beziehung zum Halter ab, heißt es auch beim Industrieverband Heimtierbedarf (IVH).

Den ersten Freigang alleine sollte man der Katze dann etwa eine halbe Stunde vor der üblichen Fütterungszeit gewähren, so Carmen Schell. „Ein leichtes Hungergefühl erinnert sie daran, wieder nach Hause zu kommen“, fügt sie augenzwinkernd hinzu.

Nicht verunsichern lassen sollte man sich von Kämpfen mit anderen Katzen in der Nachbarschaft. „Die sind anfangs normal und geben sich in aller Regel innerhalb von Wochen oder Monaten von alleine wieder“, erklärt die Katzenexpertin. Dann nämlich, wenn die Revierrechte neu geregelt sind.

Hunde

Hunde nehmen einen Wohnungswechsel meist gelassener als Katzen. „Im Prinzip ist das wie mit dem Hund in Urlaub fahren“, sagt Ellen Friedrich von der Weiterstädter Hundeschule „Der Rote Hund“. Denn wenn sich der Vierbeiner in einer Ferienwohnung wohlfühlt, tut er das auch im neuen Zuhause. Da Hunde an Menschen gebundene Tiere sind, gewöhnen sie sich schnell ein, wenn sie in der neuen Wohnung einen gemütlichen Schlafplatz mit bekannten Möbeln und Gegenständen vorfinden, meint auch der Tierschutzbund. Trotzdem sollten Hundebesitzer ein paar Dinge beachten, um sich und ihrem Tier den Übergang zu erleichtern.

Ein Hund fühlt sich bei seinen Menschen am wohlsten. Foto: IVH

„Ich würde mir vorab die Nachbarschaft ansehen und geeignete Gassi-Routen ausgucken“, rät Hundeexpertin Friedrich. Wichtig ist vor allem, dass es einen Löseplatz am Haus gibt, der schnell erreichbar ist. „Und damit sind natürlich nicht die Vorgärten der Nachbarn gemeint“, ergänzt sie. Auch der Tierschutzbund empfiehlt, vorab mit dem Hund die Umgebung zu erkunden. Solche Ausflüge helfen demnach vor allem unsicheren Hunden.

Gibt es einen gemeinsam genutzten Garten, sollte man laut Friedrich mit den Nachbarn klären, welche Regeln dort für den Hund gelten: Darf er alleine in den Garten? Darf er buddeln? Darf er sich lösen? Wenn ja, wo? Darf der Hund ins Blumenbeet? Oder in den Teich? Auch wenn man künftig einen eigenen Garten hat, sollte man diese Fragen vorab für sich beantworten, meint Friedrich. So gibt es von Anfang an klare Spielregeln.

Falls in der Nachbarschaft andere Hunde leben, sollte man vorab die Halter ansprechen und fragen, wie sich die Vierbeiner das erste Mal begegnen sollen. Der Tierschutzbund empfiehlt zudem, sich umzuhören, ob jemand im Haus Angst hat. Dann sollte man Rücksicht nehmen und beispielsweise den Hund im Treppenhaus an der Leine lassen.

Ellen Friedrich sieht in einem Umzug auch eine Chance für die Erziehung. „Will ich neue Regeln in der Wohnung aufstellen, ist das der beste Zeitpunkt dafür“, sagt sie. Notorischen „Hoftor-Pöblern“, die jeden Hund in der Nachbarschaft anbellen, könne man im neuen Umfeld leichter Einhalt gebieten als in der vertrauten Umgebung, wo das Verhalten schon festgefahren ist.

Und am Umzugstag selbst? „Da kann man den Hund nicht gebrauchen“, scherzt Friedrich. „Zumindest, wenn man selbst Kisten schleppen muss.“ Am besten verbringt der Vierbeiner den Tag bei einer vertrauten Person oder in einer Pension. Der Tierschutzbund empfiehlt zudem, alle für den Hund wichtigen Gegenstände in einen Extrakarton zu packen, um diesen dann am neuen Ort sofort griffbereit zu haben.

» Ein Umzug kann auch eine Chance für die Erziehung sein. « Ellen Friedrich, Hundetrainerin

Die häufigsten Probleme, weiß Friedrich aus 15 Jahren Erfahrung als Hundetrainerin, tauchen nach dem Umzug auf. Viele Hunde bellen in der ersten Zeit verstärkt. Grund sind die typischen Hausgeräusche, an die sie sich erst neu gewöhnen müssen: das Hoftor quietscht, das Treppenhaus knarzt, die Heizung springt lautstark an und die Klingel schellt anders. Gibt es mehrere Hunde im Haus, stimmen diese oftmals in das Bellen ein. „Das kann Nachbarn nerven“, gibt Friedrich zu bedenken. In den meisten Fällen gebe sich das innerhalb von Wochen von alleine wieder. Ist dies nicht der Fall oder die Geduld der Nachbarn überstrapaziert, sollte man sich professionelle Hilfe bei einem Hundetrainer holen. Das Gleiche gilt, wenn der Hund im neuen Heim nicht mehr problemlos alleine bleibt.

Kleintiere

Wellensittiche sollte man am Tag des Umzugs nicht im Haus haben. Foto: IVH

Für Kleintiere wie Meerschweinchen, Kaninchen, Mäuse oder Vögel ist ein Umzug enormer Stress. Bohrgeräusche und anderer Lärm können die Tiere verschrecken. Zudem ist Zugluft durch offen stehende Fenster gerade für Vögel ein Gesundheitsrisiko. Der Tierschutzbund empfiehlt deshalb, Kleintiere und Vögel für die Zeit des Umzugs bei einem Sitter zu lassen. Auch viele Tierheime nehmen Kleintiere in Pension. Ist dies nicht möglich, sollten die Tiere so lange wie möglich in ihrem vertrauten Gehege oder Käfig bleiben. Der IVH empfiehlt, das Gehege mit ausreichend Futter und Wasser auszustatten und ihn eventuell abgedeckt an einen ruhigen Ort zu stellen. Stehen im neuen Zuhause Renovierungsarbeiten an, sollten diese nach Angaben des Tierschutzbundes noch vor dem Einzug der Kleintiere abgeschlossen sein. Denn so kommen sie nicht in Kontakt mit Farben und Lösungsmitteln, die ihren Geruchssinn stören und so die Eingewöhnung ins neue Zuhause erschweren.

Fische

Fische sind sehr empfindliche Haustiere. Foto: IVH

Ein Umzug mit Fischen hat die Besonderheit, dass man nicht nur das Tier, sondern auch seinen Lebensraum umzieht. Aquarianer sollten sich vorab über die Wasserwerte am neuen Wohnort erkundigen, da viele Fische sehr empfindlich auf Wasserveränderungen reagieren. Darauf weist der Industrieverband Heimtierverband (IVH) hin. Man sollte deswegen mindestens 50 Prozent des alten Wassers in Kanister abfüllen und mit in die neue Wohnung nehmen. Für den Umzug wird das Aquarium komplett entleert und gereinigt. Für den Transport der Fische gibt es im Fachhandel spezielle Tüten und Styroporbehälter. Als Faustregel gilt: Das Aquarium sollte als letztes abgebaut und als erstes in der neuen Wohnung aufgebaut werden, um den Transport für die Tiere so kurz wie möglich zu halten. Einen Tag vor sowie einen Tag nach dem Umzug sollten die Fische zudem nicht gefüttert werden, um sie nicht zusätzlich zu belasten.

Rechtliches

Bevor man als Tierfreund einen Mietvertrag unterschreibt, sollte man klären, ob Tierhaltung überhaupt erlaubt ist. Eine generelle gesetzliche Regelung zur Tierhaltung in Mietwohnungen gibt es nach Angaben des Tierschutzbundes nicht. Es hängt demnach immer davon ab, was im Mietvertrag steht, beziehungsweise davon, welche Tierhaltung der Vermieter beim Einzug ausdrücklich genehmigt hat. In der Regel ist eine solche Vereinbarung nicht Teil des Mietvertrags selbst, sondern wird separat schriftlich festgehalten. Üblicherweise wird die Genehmigung zudem vom Vermieter für bestimmte Tiere oder für eine bestimmte Anzahl an Tieren erteilt. Wer weitere Tiere adoptieren möchte, benötigt also eine neue Genehmigung.

Die Haltung von Kleintieren wie Kaninchen, Meerschweinchen oder Hamstern darf laut Tierschutzbund vom Vermieter nicht verboten werden, solange nicht übermäßig viele davon gehalten werden.

Was viele nicht wissen: Auch die Haltung von Hunden und Katzen darf nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2013 vom Vermieter nicht grundsätzlich verboten werden. Eine Ausnahme hiervon bilden sogenannte Listenhunde wie der Pit Bull Terrier, der Staffordshire Bullterrier oder der Rottweiler, die zum Teil als gefährlich eingestuft werden. Der Tierschutzbund bietet auf der Seite www.tierheime-helfen.de/listenhunde Informationen über die Listenhund-Bestimmungen der einzelnen Bundesländer sowie Argumente für das Gespräch mit Vermietern.

Foto: freepik.com

Wer mit seinem Hund innerhalb derselben Kommune umzieht, muss die zuständige Behörde nur über die neue Adresse informieren. Wer in eine neue Gemeinde umzieht, muss den Hund dagegen zunächst am alten Wohnort abmelden und anschließend am neuen Wohnort anmelden.

Katzenbesitzer sollten sich informieren, ob es am neuen Wohnort eine Katzenschutzverordnung gibt, die die Kastration freilaufender Tiere vorschreibt. In Südhessen haben zum Beispiel Darmstadt, Dieburg und Roßdorf eine Katzenschutzverordnung.

Für Schlangen, Vogelspinnen und Skorpione sowie andere Tiere, die aufgrund ihrer Giftigkeit oder Größe eine Gefahr darstellen können, wird eine Erlaubnis des Vermieters benötigt.

Achtung, Gefahren!

Wenn nicht ohnehin schon geschehen, sollte man seinen Hund oder seine Katze vor dem Umzug unbedingt bei einem Haustierregister anmelden. Darauf weist der Tierschutzbund hin, der mit Findefix eines der beiden bundesweiten Register betreibt. Denn jeder Umzug erhöht das Risiko, dass das Haustier entläuft. Am Umzugstag kann das Tier in einem unbeobachteten Moment durch eine unachtsam offen gelassene Tür oder ein Fenster entwischen. In der ersten Zeit danach findet ein verlorengegangener Hund womöglich nicht mehr so leicht zurück nach Hause wie im vertrauten Umfeld. Und immer wieder wird von Katzen berichtet, die sich nach einem Umzug auf eigene Faust in Richtung alte Heimat machen – und dabei mitunter hunderte Kilometer durch Deutschland zurücklegen.

Die Haustierregister Findefix und Tasso helfen, Fundtiere wieder zu ihren Besitzern zu bringen. Dafür muss man seinen Hund oder seine Katze selbst dort registrieren. Die Anmeldung kann online unter www.findefix.com bzw. www.tasso.net vorgenommen werden, dauert nur wenige Minuten und ist kostenlos. Man benötigt dafür nur die Nummer des Transponderchips, der in aller Regel im Heimtierausweis notiert ist.
In einigen Kommunen, darunter Darmstadt und Dieburg, sind Katzenhalter durch die Katzenschutzverordnung ohnehin dazu verpflichtet, Freigänger registrieren zu lassen.


Was flattert da im Tropenhaus?

Neues aus dem Zoo Vivarium

von Dr. Frank Velte, Zoopädagoge, Zoo Vivarium Darmstadt

Bananenfalter, Foto: Zoo Vivarium

Es sind Schmetterlinge: Rund 180.000 Arten leben auf unserem Planeten. In Zoologischen Gärten sieht man sie eher selten – anders ist dies im Darmstädter Vivarium. Im dortigen Tropenhaus können die zarten Tiere mit ihren bunt schillernden Flügeln bei Balzflügen oder bei der Nahrungsaufnahme beobachtet werden. Den längsten Teil ihres Lebens verbringen Schmetterlinge tatsächlich als Raupe, also im Larvenstadium dieser Insekten oder in der Puppe. In der Puppe vollzieht sich auch der „Umbau“ von der Raupe zum erwachsenen Schmetterling – dem Falter.

Einige der bunten Falter im Zoo Vivarium stammen aus eigenen Nachzuchten. Bereits acht verschiedene Arten tropischer Schmetterlinge konnten nachgezüchtet werden. Der „limitierende Faktor“ ist immer die Verfügbarkeit von Futterpflanzen, denn Raupen fressen Blätter und meist von nur einer einzigen Art. Beim Bananenfalter gelingt die Zucht am häufigsten, da die Futterpflanze der Raupen – die Bananenstaude – im Zoo immer vorrätig ist. In der Heimat Südamerika entwickelten sich die Raupen der Bananenfalter bei zu hoher Anzahl auch schon einmal zu Schädlingen in der Landwirtschaft und vernichteten Bananenplantagen vollständig. Davon ist das Tropenhaus im Vivarium weit entfernt.

Über die Zucht im Vivarium hinaus werden auch Falter für das Tropenhaus zugekauft. Spezialisierte Händler stellen die Tiere von Schmetterlingsfarmen in den entsprechenden Herkunftsländern bereit. Vor Ort arbeiten Einheimische vorwiegend als Gärtner, um die riesigen Mengen an Futterpflanzen zu pflegen. Für die Vermehrung sorgen die Schmetterlinge von alleine, in dem sie in großen Flugkäfigen winzige Eier ablegen. Sind die Raupen aus den Eiern geschlüpft und haben sich verpuppt, werden die Puppen abgesammelt und nach Europa verschickt. Der Transport ist ungefährlich, denn nicht nur sprichwörtlich, sondern auch faktisch reisen die Puppen in Baumwolle gehüllt. Darüber hinaus sind ausschließlich registrierte Kunden zum Kauf berechtigt. Wenige Tage später kommen die Falter in so genannten Schlupfbehältern zur Welt, um als Falter im Tropenhaus den Besuchern zu präsentieren und sich im besten Fall fortzupflanzen.

Übrigens: von den weltweit 180.000 Schmetterlingsarten dürfen ausschließlich 150 gehandelt werden. Diese sind nicht bedroht und haben ein riesiges Verbreitungsgebiet.

Zoo Vivarium Darmstadt | Schnampelweg 5 | 64287 Darmstadt | Telefon 06151 1346900 | www.zoo-vivarium.de

Asiatischer Eisvogel, Foto: Zoo Vivarium

„Gulahund“– Abstand bitte!

Hovawart Angus ist manchmal zu stürmisch. Außerdem ist der Rüde sehr wählerisch, welchen Hundekollegen er mag und welchen nicht. Das gelbe Halstuch hilft laut Frauchen Silke bei der Verständigung und findet in ihrem Umkreis schon Nachahmer. Foto: Mia Schwind

Von Mia Schwind

Sind Ihnen beim täglichen Gassi schon einmal Hunde mit einem gelben Halstuch oder einer gelben Schleife an der Leine aufgefallen? Dieses Accessoire hat eine nähere Bedeutung. Es soll eine Signalwirkung an andere Hundehalter haben. Die gelbe Markierung am Vierbeiner soll bedeuten: „Achtung! Ich brauche Abstand vor anderen!“ Die gelbe Schleife oder das gelbe Halstuch kann also für Herrchen sinnvoll sein, deren Hund zum Beispiel:
• sehr ängstlich und unsicher ist
• läufig ist
• krank ist

So ein sichtbares Zeichen kann die Kommunikation beim Gassi erleichtern. Empfindliche Hunde bekommen so einen sicheren Raum, ohne dass vorher viel unter den Hundehaltern erklärt werden muss.

Die Kampagne stammt ursprünglich aus Schweden und nennt sich Gulahund – auf Deutsch: Gelber Hund. Noch ist der Gelbe Hund und seine Bedeutung nicht breit bekannt. Da hilft: Weitersagen! Machen Sie andere Hundebesitzer, ihren Tierarzt oder ihren Hundetrainer auf den Gelben Hund aufmerksam, damit diese tolle Idee in der Tierisch Gut Region und darüber hinaus bekannter wird.

Übrigens: Den Gelben Hund gibt es auch im Internet. Der Verein Gelber Hund und Freunde e.V. freut sich über Interessierte und Unterstützer. Wer gerne ein gelbes Halstuch oder Schleifchen für seinen Vierbeiner haben möchte, wird unter https://www.gulahund.de im Shop fündig.


Leopardgeckos

Der Leopardgecko erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Neben Bartagame und Schlange ist er eines der beliebtesten Terrarientiere. TIERISCH GUT stellt dieses besondere Haustier vor und gibt einen Überblick über alles Wissenswerte – von Aussehen und Verhalten bis hin zu allem Wichtigen, was es vor einem Kauf zu beachten gibt.

Von Mia Schwind

Ursprung und Lebensweise des Leopardgeckos

Deosai National Park in Pakistan; Foto: commons.wikimedia.org/Wsiddique

Der Leopardgecko kommt aus den rauen Steppen in Afghanistan, Pakistan oder dem Iran. Sein Lebensraum ist steinig, voller Geröll, Gestrüpp und Ästen. Tagsüber versteckt der Gecko sich vor Fressfeinden und der Hitze der Sonne in feuchten Höhlen, die sich in Steinhaufen oder auch verlassenen Nagergängen gebildet haben. Sobald es dämmert, kommt er aus seinem Versteck hervor und geht auf die Jagd. Blitzschnell fängt er Grillen, Heuschrecken oder Würmer. Das alles tut er allein: Leopardgeckos sind Einzelgänger. Wenn Paarungszeit ist, suchen sie nach ihren Partnern und gehen nach der Paarung wieder ihres Weges. Nach circa 14 Tagen legt das Weibchen dann meistens zwei Eier. Außerdem häutet der Leopardgecko sich regelmäßig. Sobald die Temperaturen kühler werden und es weniger zu fressen gibt, hält der Leopardgecko Winterruhe, in der er nichts frisst und die meiste Zeit in seinen Verstecken verbringt. So fühlen sich Leopardgeckos am wohlsten!

Leo-Dame Delta in ihrem Lieblingsversteck;
Foto: RX-Reptilien

Ein artgerechtes Zuhause für einen Leopardgecko zu gestalten und einzurichten kann großen Spaß machen. Es gibt aber einiges zu beachten: Ist man Neuling, empfehlen viele erfahrene Halter, sich einen Gecko oder maximal zwei Weibchen zuzulegen. Das Terrarium sollte je nach Tieranzahl ausreichend groß sein. Die wichtigste Einrichtung ist der Boden. Der sollte hart und bröckelig sein. Viele Leopardgecko- Profis empfehlen ein Gemisch aus Lehmpulver, Sand und etwas Wasser zu mischen und dann im Terrarium aushärten zu lassen. Auf hartem Boden können die Geckos gut laufen und verschlucken keinen Sand. Danach kommt die Einrichtung. Hier gilt: Leopardgeckos lieben Chaos! Je mehr sie sich verstecken und klettern können, desto sicherer fühlen sie sich. Außerdem sollte neben einer reichen Auswahl an Verstecken ein Schälchen Wasser und eine künstliche feuchte Höhle vorhanden sein. Die feuchte Höhle braucht der Gecko, um sich zu häuten. Leopardgeckos sind außerdem reine Insektenfresser. Die Insekten sollten bei der Fütterung mit einem Kalziumpulver für Reptilien bestäubt werden. Kalzium braucht ein Haustier-Leo für seine Knochen.

Leos sind Versteckspiel-Meister und lieben Terrarien voller Geheimwinkel. Abends kommen sie häufig zur Scheibe und schauen, ob jemand einen Snack für sie hat. Foto: Möllner Leopardgeckos

Für wen ist der Leopardgecko ein perfektes Haustier?

Leopardgeckos sind schön anzusehen. Abends vor dem Terrarium kann man sie wunderbar bei ihren Streifzügen beobachten und ihnen ab und zu mit einer Pinzette Futter anbieten. Dann kommen sie neugierig heran und schnappen sich ihr Abendessen. Interessant ist der Leopardgecko vor allem für Tierhaarallergiker. Die kleinen Reptilien sind aber trotzdem keine Tiere zum Streicheln. Wie viele andere Reptilienarten können Leopardgeckos ihren Schwanz abwerfen, wenn sie in Gefahr sind. Das Hochnehmen bedeutet für sie meistens großen Stress, deshalb sollte man sie nur aus dem Terrarium nehmen, wenn es nicht anders geht: zum Beispiel bei einer Verletzung.

Von schwarz-weiß bis Knallbonbon

Die Urfarbe der Geckos gab ihnen den Namen: Schwarze Punkte auf verschiedenen Gelb-Tönen. Diese Musterung kann man heute noch bei wildlebenden Leos sehen. Foto: Möllner Leopardgeckos

Den Leopardgecko gibt es nicht nur im Leopardengewand. Aus der ursprünglichen Wildfarbe wurde eine bunte Palette an Farbformen gezüchtet. Leopardgeckos gibt es in spektakulären Farben und Zeichnungen – von schneeweiß über karottenrot bis hin zu pechschwarz. Da ist für jeden Geschmack etwas dabei!

Die Urfarbe der Geckos gab ihnen den Namen: Schwarze Punkte auf verschiedenen Gelb-Tönen. Diese Musterung kann man heute noch bei wildlebenden Leos sehen.Foto: Möllner Leopardgeckos

Ist der Leopardgecko ein „Anfänger-Gecko“?

Leopardgeckos haben eine begeisterte Fangemeinde. Viele Besitzer haben zwei oder mehrere Terrarien und lieben ihre bunten Schützlinge. Der Leopardgecko gilt oftmals als Tier, welches besonders gut für Terrarien Anfänger geeignet ist. Doch das ist keinesfalls so wie uns die Leopardgecko Züchterin Jaqueline erklärt: „Es gibt sehr viel zu beachten, wenn man den Gecko richtig halten will. Allein mit der Wahl der Lampe kann man sehr viel falsch machen. Ich selbst habe einmal ein Gecko Weibchen übernommen, was am ganzen Körper starke Verbrennungen hatte. Die Besitzer haben (ohne es zu wissen) eine viel zu starke UV-Lampe verwendet.“ Dennoch herrscht beim Thema Reptilien viel Unwissenheit: Viele Vereine, die Reptilien in Not aufnehmen, beklagen eine Flut an Tieren. Sie berichten von Tieren in sehr schlechten Zuständen, oft im Freien ausgesetzt. Meist werden sie von unseriösen Züchtern auf Internetportalen gekauft, weil sie schön aussehen und recht günstig sind. Andere lassen sich von Zoofachgeschäften völlig falsch beraten und kaufen vor Ort ein Tier inklusive nicht geeignetem Terrarium. So leiden die Tiere jahrelang still, ohne dass ihre Besitzer es merken.
Für Anfänger ist ein Züchter die beste Wahl. Auch Reptilienvereine haben großes Fachwissen, um Neulinge zu beraten. Vom Zoofachhandel oder Kleinanzeigen sollte man die Finger lassen!

Foto: Möllner Leopardgeckos

Kontakte

Fachlich korrekte Beratung
1. Tierärztliche Praxis Dr. med. vet. Heuser in Seeheim-Jugenheim (im TIERISCH GUT-Gebiet die einzige reptilienkundige Tierärztin)
2. Reptilienfreunde e.V. (Standort Kleinostheim)

Auch Exoten wünschen sich eine neue Chance für ein Zuhause. Auf der Internetseite des Tierheims Darmstadt oder anderer Auffangstationen sind immer wieder Exoten zu finden, die ein artgerechtes und fachkundiges neues Zuhause suchen. Zu beachten ist, dass diese besonderen Tiere nur an erfahrene Tierhalter abgegeben werden.

Wissenswertes zur Haltung oder Kauf eines Leopardgeckos

Bin ich bereit für einen Leopardgecko?

1. Kann ich 20 Jahre oder mehr Verantwortung für meinen Gecko übernehmen?
2. Macht mir ein Haustier Spaß, das man nicht streicheln kann?
3. Kann ich nach dem Kauf weitere Kosten wie Strom, Tierarzt und Futter bezahlen?
4. Gibt es in meiner Nähe einen Reptilientierarzt?
5. Ich bin im Urlaub. Habe ich jemanden, der die Geckos versorgen kann?

Woran erkennt man einen gesunden Leopardgecko?

1. Der Schwanz speichert Nährstoffe und Fett. Er sollte breit und prall aussehen, etwas breiter als die Schwanzwurzel.
2. Solange der Gecko sich nicht häutet, hat er eine satte Farbe.
3. Der Gecko verhält sich artgerecht: Tagsüber versteckt er sich. Wenn es dämmert, klettert er im Terrarium umher und jagt selbstständig sein Futter.

Ein seriöser Züchter ...

... hat keine Massen an Verkaufstieren.
... gibt Tiere für mindestens 70 Euro und erst ab einem Gewicht von 15 Gramm ab.
... kann Tests gegen Parasiten vorweisen.
... rät aktiv zu einer Quarantäne nach dem Gecko- Kauf.
... ist bereit, den Käufer die Tiere vor Ort anschauen zu lassen.

 


Artenvielfalt 2023

Aufruf zum deutschlandweiten Wettbewerb

„Was kann ich allein schon ausrichten?“ – eine Frage, die sich viele stellen, wenn es um Naturschutz und Artenvielfalt geht. Die Aktion „Bioblitz 2022“ hat gezeigt, was mit Citizen-Science möglich ist: Insgesamt sammelten deutschlandweit mehr als 20.000 Naturbegeisterte zwei Millionen Beobachtungsdaten zu Biodiversität beim Wettbewerb zur fotografischen Erfassung der Artenvielfalt. Daher soll der Wettstreit der Landkreise oder kreisfreien Städte auch im Jahr 2023 fortgesetzt werden.

Das Hessische Landesmuseum Darmstadt ruft zusammen mit den Initiatoren des Wettstreits, dem LWL-Museum für Naturkunde des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) und der Naturbeobachtungsplattform Observation.org, zum „Bioblitz 2023“ auf. Gemeinsam können Funde von Tieren, Pflanzen und Pilzen geteilt und neue Beobachtungen gemeldet werden. Seit Anfang Januar läuft der deutschlandweite „Bioblitz 2023“ (#bioblitz2023) als spielerischer Wettbewerb der Landkreise oder kreisfreien Städte. Alle Naturbegeisterten sind aufgerufen mitzumachen, ganz egal ob Laien, Experten, Familien oder Schulklassen, um ihre Städte und Kreise zu unterstützen.

So geht es: Durch die Nutzung der App ObsIdentify, die über eine automatische Bestimmungsfunktion verfügt, kann man auch ohne Artenkenntnisse mitmachen. Bei einem Bioblitz zählt alles, was bestimmbar ist, egal ob Einzeller, Pilz, Pflanze oder Tier.

Interessierte finden die Ergebnisse der Bioblitze 2023 hier: https://observation.org/bioblitz/categories/landkreise-and-kreisfreie-stadte-2023/


Hundeführerschein

Zu jedem gut erzogenen Hund gehört ein umsichtiger und verantwortungsvoller Mensch

Noch nie gab es so viele Hunde, die Menschen bei Freizeitaktivitäten begleiten. Ende 2021 überstieg die Anzahl der Hunde in Privathaushalten die Zahl der Kinder in Deutschland. Ebenso sprunghaft angestiegen ist die Anfrage nach Ausbildungen für Hunde in den Bereichen von Therapien, Schule oder Assistenz. Verbände bemühen sich im Rahmen der Erziehung und berufsbegleitenden Ausbildungen, Standards zu entwickeln und bundesweit zu etablieren.

Berufsverbands-Hundeführerscheine werden bundesweit anhand geltender Prüfungskriterien angeboten und bewerten den umsichtigen und verantwortungsvollen Umgang mit dem Hund in der Öffentlichkeit. Die Vorbereitung auf diese Prüfungen ist in jeder gewerblich tätigen Hundeschule möglich. Die Prüfer können bei den jeweiligen Berufsverbänden angefordert werden.

Der BVZ-Hundetrainer e.V. – Hundeführerschein kann auch in Darmstadt und Umgebung absolviert werden. Die Kriterien der Prüfung als auch eine/n PrüferIn findet man auf der Homepage des Verbandes. Der Hundehalter muss in Alltagssituation im ländlichen Bereich als auch in der Stadt beweisen, dass er seinen Vierbeiner sicher führen kann. Hierzu gehören ein guter Grundgehorsam und eine gute Kontrollierbarkeit des Hundes unterwegs mit und ohne Leine.

Weitere Details zum Thema Hundeführerschein findet man z. B. auf der Seite des BVZ-Hundetrainer e.V. In der Stadt Darmstadt werden allerdings bislang einzig die Prüfungen des VDH (Begleithundeprüfung, Hundeführerschein) als Nachweis einer erfolgreichen Hundeerziehung anerkannt und mit Steuervorteilen bedacht. Ellen Friedrich (Der rote Hund)

www.bvz-hundetrainer.de


Eine besondere Geschichte aus dem Tierheim Darmstadt

Eine Tierheim-Mitarbeiterin kam aus Kiew nach Deutschland, als in ihrer Heimat der Krieg begann. Dies ist ihre Geschichte, erzählt von Kateryna selbst.

Das ist das zweite Mal, dass ich alles verliere und von Null anfange.

Das erste Mal floh ich 2014 aus dem okkupierten Luhansker Gebiet nach Kiew: ein Paar Taschen, drei Katzen und zwei Hunde. Nach acht Jahren floh ich aus der Ukraine nach Deutschland mit einem Koffer, drei Hunden und zwei Katzen in Richtung unbekanntes Land und mit völligem Unverständnis, wie ich weiterleben soll.

Kateryna und ihre Katzen, Foto: privat

2014

Bis 2014 lebte ich in der Ostukraine in meiner 4-Zimmer-Eigentumswohnung, arbeitete als Journalistin beim lokalen TV-Sender und als Leiterin der PR-Abteilung einer privaten Tierklinik. Gemeinsam mit Gleichgesinnten gelang es mir, eine Gesellschaft zum Schutz der Tiere und ein privates Tierheim zu gründen. Gerade deswegen lernte ich deutsche Familien kennen, die mir später halfen, dem Krieg zu entkommen. Bleiben oder gehen – diese Gedanken kamen mir nicht. Dort, wo die Russen sind, wird es niemals ein normales Leben geben. Mein Tierheim konnte ich nicht im Stich lassen und begann sofort, die Tiere nach Kiew zu evakuieren. Von Kiew aus fuhren sie nach Deutschland. Einige fanden gleich liebevolle Familien, andere wurden von freiwilligen Helfern aufgenommen. Zwischen 2014 und 2022 gelang es mir, mehr als 300 Hunde und Katzen aus dem Luhansker Gebiet herauszubringen.

Kiew

In Kiew musste ich Arbeit suchen, aber am schwierigsten war es, eine Wohnung zu finden. Wir lebten einige Zeit in einem noch nicht fertig gebauten Gartenhaus. Dort gab es keine Dusche, die Toilette befand sich draußen und als Heizquelle diente ein Ofen. In den acht Jahren konnte ich mir ein gutes Leben aufbauen. 2019 eröffnete ich ein eigenes Reisebüro. Alles war gut. Doch dann kamen wieder die Russen.

24.02.2022

In den frühen Morgenstunden erwachte die Ukraine durch Explosionen. Ich gehörte zu denjenigen, die nicht glaubten, dass im 21. Jahrhundert, mitten in Europa, ein Krieg möglich wäre. Ukrainer warteten, dass die Russen sich zu Protesten sammeln, auf die Straße gehen, ihr Regime zum Teufel jagen, so wie wir es einst taten. Doch wir bekamen von den Russen nur Schadenfreude, Hass und Kommentare wie „man muss alle Ukrainer töten, auch ihre Kinder“. Bis zum Schluss weigerte ich mich, Kiew zu verlassen. Doch das Leben dort wurde immer schwieriger: ständiger Luftalarm, Explosionen, Warteschlangen vor den Geschäften. Ich verstand sehr gut, dass meine Überlebenschancen bei einem Raketeneinschlag gleich Null waren und mit drei Hunden und zwei Katzen und Notfallrucksack einen Luftschutzbunker zu erreichen, auch. Innerhalb einer Woche wurden mein Sportverein, in dem ich trainierte, das große Einkaufszentrum nebenan und der Park, in dem ich meine Hunde ausführte, vollkommen zerstört.

Kateryna mit zwei Vermittlungshunden in der Ukraine; Foto: privat

Tiere im Krieg

Das Schrecklichste war für mich, mit ansehen zu müssen, was mit den Tieren geschieht. Viele Menschen flohen in Panik und ließen ihre Haustiere zurück in verschlossenen Häusern und Wohnungen. Freiwillige organisierten sich schnell, fuhren zu den eingeschlossenen Tieren, bohrten Wände auf, machten Türen auf und gelangten zu den Tieren über die Balkone. Laut Gesetz ist das verboten. Tierretter konnten für angebliches Plündern verhaftet werden. Aber die Menschen nahmen diese Risiken auf sich. Die Polizei half manchmal oder sie schaute weg oder sie verbot solche Aktionen. Dann mussten wir über das Guckloch in der Tür das Wasser über einen dünnen Schlauch in die Wohnung auf den Boden tröpfeln lassen und Futter durchschieben. Leider hatten einige Wohnungen doppelte Türen. Wenn die Retter es nicht schafften vor der Sperrstunde zu Hause zu sein, musste für sie eine Übernachtungsmöglichkeit gefunden werden. Ich übernahm die Organisation und die Planung der Einsätze. Während dieser Zeit schlief ich nicht mehr als drei oder vier Stunden. Glücksmomentewenn ich ein Video von einem geretteten Tier bekam (Hund, Katze, Papagei…). Und Momente des Schmerzes – wenn aus einer Wohnung nur noch Tierleichen geborgen werden konnten. Jeder Tag bringt nur schlechte Neuigkeiten. Ein zerschossenes Auto, in dem Freiwillige Futter in ein Tierheim und humanitäre Hilfe für alte Leute bringen wollten. Niemand hat überlebt. Im Auto waren vier Studenten, eigentlich noch Kinder.

In Borodyanka (Verwaltungsbezirk Kiews) blieben eingesperrte Tiere einen Monat lang ohne Wasser und Futter. Russische Einheiten waren ganz in der Nähe stationiert und nahmen jeden, der sich dem Tierheim näherte, unter Beschuss. Die Hunde starben einen langen schrecklichen Tod. Dabei lag im Raum nebenan Futter. Freiwilligen Helfern gelang es, eine Verbindung zu den Russen zu bekommen. Sie bettelten die Russen an, sie in das Tierheim vorzulassen, boten ihnen sehr viel Geld an. Die Russen halfen nicht und ließen die Freiwilligen nicht in das Tierheim. Nach einem Monat gelang es, Borodyanka zu befreien. Von 485 Hunden haben 263 überlebt. Einige von ihnen starben auf dem Weg in die Tierklinik. Meine Freunde in Deutschland waren mit mir in ständiger Verbindung und baten mich, zu ihnen zu kommen. Zuerst reagierte ich mit Spaß und sagte, dass ich nach unserem Sieg kommen werde, als Touristin. Später sah ich ein, dass es keinen anderen Ausweg gab, als zu flüchten. Ich hatte keine Arbeit, das Ersparte ging zur Neige. Einer meiner Hunde war im Dauerstress wegen der ständigen Explosionen, zitterte, bekam keine Luft, schlief kaum. Beruhigungsmittel gab es nicht mehr zu kaufen. Kliniken arbeiteten nicht mehr.

Am 8. März, dem internationalen Frauentag, fuhren Freunde und ich mit zwei Autos Richtung Lviv. Unterwegs sahen wir zerschossene Autos, an vielen von ihnen die Aufschrift „KINDER“, Blockposten, kilometerlange Schlangen an den Tankstellen. Draußen genauso kalt wie in der Seele. Die schlimmste und leidvollste Erinnerung für mich sind unsere Soldaten. Du fährst an einen sicheren Ort und sie müssen bleiben. Sie bleiben da, damit du die Möglichkeit hast zu gehen. An diesem Tag überreichten die ukrainischen Soldaten jeder Frau, die im Auto saß, Blumen. Ich hielt es nicht aus und begann zu weinen. Doch der Soldat lächelte, versuchte mich zu beruhigen und versprach mir: alles wird gut. Bei mir bestimmt. Und bei ihm? Bleibt er am Leben?

Kateryna auf der Flucht aus der Ukraine mit ihren Tieren.

Von Kiew bis Lviv sind es nur 540 Kilometer, wir brauchten für diese Strecke zwei Tage. Ständig verglichen wir die Evakuierungskarten, suchten nach ungefährlichen Routen. Die Russen vernichteten viele Autos mit Menschen, die versuchten Kiew zu verlassen. In Lviv nahm ich einen Linienbus nach Berlin. Wir hatten Glück und brauchten bis Berlin nur 17 Stunden. Die Fahrt war für mich äußerst unkomfortabel, denn in meinem Fußraum standen die Körbe mit meinen fünf Haustieren, die ich selbstverständlich nicht im Krieg lassen wollte. In Berlin nahm mich eine wunderbare Familie in Empfang: Valeria und Herbert. Bei ihnen leben schon seit einigen Jahren eine Katze und ein Hund aus meinem Tierheim. Unglaublich tolle Menschen. Ich hatte sie noch nie getroffen, aber sie sind genauso, wie ich sie mir vorgestellt hatte: gutherzig, aufmerksam, hilfsbereit. Ich verbrachte zwei Tage in Berlin. Die Familie zeigte mir die Stadt und dann brachte mich Herbert nach Rodgau, wo ich bereits von Andrea und Mike (Besitzer einer gerade frei gewordenen Wohnung) erwartet wurde. Bei Andrea lebt seit 2012 eine Hündin aus meinem Tierheim. Außerdem erwarteten mich Kisten mit Hygieneartikeln, Lebensmittel und andere Dinge. Im ersten Monat meines Aufenthaltes in Deutschland las ich täglich Nachrichten, telefonierte mit Angehörigen und weinte. Du siehst, mit welcher Brutalität die Russen dein Land zerstören und kannst nichts tun.

Das Tierheim

Kateryna begleitet den ersten Katzen-Transport aus der Ukraine ins Tierheim Darmstadt.

Als ich noch in Kiew lebte, half ich einer Frau, die sich um 60 Katzen und mehr als 30 Hunde auf ihrem Hof kümmerte. Es war immer schwer für sie, doch mit Kriegsbeginn wurde alles noch viel schlimmer. Ich habe beschlossen zu versuchen, wenigstens die Hälfte der Tiere nach Deutschland zu bringen. In dieser Zeit lernte ich noch ein wundervolles Paar kennen: Andrea und Martin, die ich nun als einen Teil meiner Familie betrachte. Wahrscheinlich hatten nur meine Eltern mehr für mich getan als Andrea und Martin. Andrea begann Anfragen an verschiedene Tierheime zu schicken mit der Bitte, Katzen und Hunde aus der Ukraine aufzunehmen. Ein Tierheim hat positiv geantwortet: DAS TIERHEIM DARMSTADT. Wir fuhren dort hin und lernten Christian, den Tierheimleiter kennen, der uns sofort mehr als 100 Chips für die ukrainischen Tiere übergab und mir anbot, in seinem Tierheim zu arbeiten.

Am 2. April empfingen wir bereits 16 Hunde und 15 Katzen aus der Ukraine. Einen Hund – ein Mädchen mit drei Beinen - nahmen Andrea und Martin bei sich als ihren dritten Hund auf. Zurzeit leben im Tierheim Darmstadt noch zwei Hunde (Tschoba und Ryaba), Kater Oskar und Katze Sima aus der Ukraine. Im Tierheim arbeite ich im Katzenhaus. Im Prinzip mache ich das, was ich auch zu Hause tue: saubermachen, aufräumen, Geschirr abwaschen, Wasser und Futter geben, desinfizieren usw. Genau diese Arbeit habe ich gebraucht. Tiere sind die besten Therapeuten.

Das Leben in Deutschland

In Deutschland habe ich mich zu keiner Zeit als unerwünschten Gast gefühlt. Vielleicht hatte ich einfach Glück. Ich habe hier so viele gutherzige, taktvolle und freundliche, hilfsbereite Menschen getroffen! Physisch geht es mir sehr gut. Ich befinde mich in Sicherheit. Ich habe alles für ein komfortables Leben. Ich fühle mich nicht einsam. Doch seit dem Kriegsbeginn sind mein Herz und meine Gedanken in der Ukraine. Jeden Monat schicke ich etwas Geld zur Unterstützung unserer Armee, nehme an Protestaktionen gegen den Krieg in meinem Land teil und fühle trotzdem, dass es zu wenig ist. Besonders, wenn ich hier in Deutschland auf Russen treffe und verstehe, worüber sie sich unterhalten. Deutschland ist ein schönes Land und ich bin diesem Land sehr dankbar dafür, dass ich in meinem Bett schlafen kann und nicht im Bad auf dem Fußboden, dass ich im Wald spazieren gehen kann und nicht Explosionsgeräusche hören muss. Ich danke den Deutschen für ihre respektvolle Haltung, ihre Fürsorge und Verständnis. Die Ukraine bleibt aber immer meine Heimat. Ich hatte ein wunderbares Leben in Kiew und ich sehne mich danach. Es tut weh, dass es nie wieder so sein wird wie früher, denn jedes glückliche Ereignis wird davon überschattet, welchen Preis man für dieses Glück bezahlen musste.

Kateryna

Kateryna arbeitet mittlerweile im Katzenhaus des Tierheims Darmstadt; Foto: Tierheim Darmstadt

Tierschutz Made im Odenwald

Ein Besuch bei Tino in Reichelsheim

Vereinsgründerin Ute Heberer spricht mit TIERISCH GUT auf der Spreng über Tino und warum sich aktuell die Hilferufe verzweifelter Hundehalter häufen.

Von Mara Pitz

Angenehm unkompliziert, mit Ute Heberer einen Termin auszumachen, bei dem sie etwas über Tiere in Not Odenwald (Tino) erzählt – den Tierschutzverein, den sie vor mehr als 30 Jahren gegründet hat, der heute mehr als 1000 Mitglieder zählt und zu den größten Tierschutzvereinen in Hessen gehört – eine Anfrage per Telefon, ein paar Whatsapp-Nachrichten hin und her, gut eine Woche später dann das Treffen im Tierheim auf der Spreng außerhalb von Reichelsheim.

Auf dem rund 4.400 Quadratmeter großen Tierheimgelände leben rund 60 Hunde, etwa 40 Katzen und insgesamt rund 50 Kaninchen, Meerschweinchen und andere Kleintiere. Der Schwerpunkt von Tino liegt auf Hunden – rund 450 werden jedes Jahr vermittelt. Das Besondere bei Tino ist die Haltung der Hunde in großen Gruppen statt einzeln oder in Kleingruppe. Viele von ihnen laufen tagsüber frei auf dem eingezäunten Tino-Hof herum. Einige von ihnen tragen Maulkorb.

„Mehr als die Hälfte unserer Hunde ist verhaltensoriginell“, sagt Ute Heberer beim Gespräch im Tino-Büro: Sie sind aggressiv gegenüber Menschen, Artgenossen oder aber ängstlich. In speziellen Übungsgruppen trainieren Ehrenamtliche mit den Vierbeinern: So lernen ängstliche Hunde in der „Bravehearts“-Gruppe, ihre Scheu vor Menschen abzulegen oder, dass Autofahren gar nichts Schlimmes ist. Beim „Tino Training 2.0“ lernen aggressive Kandidaten, wie man Artgenossen begegnet, ohne auszuflippen und dass der Mensch am anderen Ende der Leine der Chef ist.

Aktuell werden viele Hunde unter drei Jahren abgegeben; Foto: Tino

Aktuell werden besonders viele Rüden unter drei Jahren abgegeben, die bei ihren Besitzern aus dem Ruder gelaufen sind. Täglich hat Heberer „mindestens fünf Anfragen“ von verzweifelten Hundebesitzern im Postfach. Diese Menschen haben Angst, weil ihr Hund am Futternapf knurrt, sein Spielzeug verteidigt oder keinen Besuch mehr reinlässt. „Einige leben völlig isoliert, die Kinder können keine Freunde mehr einladen“, fasst Ute Heberer zusammen.

Schuld daran gibt sie auch der Corona-Pandemie mit ihrem Hunde-Boom. „Weil plötzlich jeder einen Hund wollte, gab es keine Welpen mehr“, erklärt sie. Seriöse Züchter führten lange Wartelisten, „und Mischlingswelpen wurden plötzlich für 2000 Euro verkauft“. Viele Menschen hätten sich dann Arbeitshunderassen angeschafft, ohne zu wissen, welche Charaktereigenschaften damit einhergingen. Manchen Menschen wurden Labradorwelpen – die Rasse gilt als familientauglich – verkauft, die sich später als Owtscharkas herausstellten, berichtet die Tierschützerin. Das ist eine russische Herdenschützer-Rasse und laut Heberer „so ziemlich das Kernigste, was rumläuft“.

Ein fester Teil der Hunde bei Tino kommt von befreundeten Tierschutzorganisationen in Rumänien, Italien oder auf den Kanaren. Das gehöre zur Tino-Strategie: „Unsere Auslandshunde sind gerettet. Sie haben hier ein tolles Leben. Und sie bringen uns die Menschen ins Tierheim. Wenn ich mir zehn Problemhunde ins Tierheim hole, werde ich mit ihnen alt.“

Hundehaltung in großen Gruppen statt einzeln oder in Kleingruppe gehört zum Konzept von Tino; Foto: Tino

Eine weitere Herzensangelegenheit von Heberer sind die vielen wilden, kranken Katzen. Als junge Frau arbeitete sie im Außendienst und sah das Katzenelend auf den Bauernhöfen im Odenwald. Um die unkontrollierte Vermehrung einzudämmen, organisiert Tino Kastrationsaktionen wilder Katzen, bei denen die Tiere eingefangen, kastriert und nachher wieder ausgesetzt werden. Finanziert wird die Kampagne auch von Paten. Beworben wird die Patenschaft augenzwinkernd mit dem Slogan „Eunuchen buchen.“

Schwerer, als einen Termin mit Ute Heberer zu vereinbaren ist es übrigens, bei diesem Termin ein Foto von ihr zu machen. Sie ziert sich, will Mitarbeiter vorschicken, schlägt vor, nur die Tiere abzulichten. Der Grund: Ihr schwarzes T-Shirt ist voller weißer Streifen. „Das ist Mehl“, erklärt Heberer lachend, „ich war eben dabei, einen Kuchen zu backen.“ Seit zwölf Jahren lebt sie in dem Haus gegenüber vom Tierheim – mit der Bundesstraße 47 dazwischen, „als natürliche Grenze“.

Tino Hof in Reichelsheim, Foto: Tino

Und auch wenn die 63-Jährige kürzlich den ersten Vorsitz an Vereinskollegin Sigrid Faust-Schmidt abgegeben hat, bleibt sie im Alltag eng mit Tino verbunden. Der Kuchen ist für befreundete Tierschützer aus Ulm, die am Nachmittag einen ihrer Schützlinge vorbeibringen, mit dem sie nicht klarkommen. Ablichten lässt sich Heberer dann am Ende doch noch – fürs Foto zieht sie einfach den Reißverschluss ihrer Jacke zu.

Vermittlungstiere von Tino

Auf der Tino-Webseite www.tiere-in-not-odenwald.de sind alle aktuellen Vermittlungstiere gelistet. Tiervermittlung nur nach telefonischer Terminabsprache! Dienstag 14 bis 17 Uhr, Donnerstag 14 bis 17 Uhr und Samstag 14 bis 17 Uhr unter Tel. 06063 939848.